Australiens Energiepolitik: Kernenergie wird empfohlen

Seit rund zwanzig Jahren ist die kommerzielle Nutzung der Kernenergie zur Stromerzeugung in Australien gesetzlich verboten. Das liegt unter anderem an den Kohlereichtum in Australien. Bis heute generiert der Kontinent fast 80 % seiner Elektrizität in Kohlekraftwerken. Diese politische Haltung ist auch insofern bemerkenswert, weil im australischen Boden etwa 33 % der weltweiten Uranreserven schlummern. Diese Uran-Vorräte könnten noch über Jahrhunderte zur Stromerzeugung genutzt werden. Aber als Uran-Förderer und –Exporteur fungiert Australien weltweit.

Wachsendes Bewusstsein in Politik und Bevölkerung über die CO2-Emissionen und deren Wirkung auf das Klima lassen die Verantwortlichen nach Alternativen suchen. In den vergangenen acht Jahren trat auch in der Bevölkerung ein Sinneswandel über die Kernenergie ein. Die Zahl der Australier, die sagen, dass das Land Kernenergie entwickeln sollte, um seine Kohlenstoffdioxid-Emissionen zu verringern, liegt bei etwas mehr als 50% [1].

Eine weitere Besonderheit der australischen Energiepolitik ist die mehrheitliche Klimaskepsis und die kritische Haltung gegenüber Wind- und Solarkraftwerken. Näheres dazu wird hier erläutert.

Wie das Schweizer Nuklearforum [2] berichtete, empfiehlt ein Bericht eines Parlamentsausschusses, die australische Regierung soll eine teilweise Aufhebung des Kernenergie-Moratoriums in Betracht ziehen, um den Einsatz neuer und neu entstehender Technologien einschließlich der Reaktoren der Generation III+ und der Generation IV zu ermöglichen. Weiter heißt es in [2]:

In Australien haben aufeinanderfolgende Labour- und Koalitionsregierungen an einem parteiübergreifenden Moratorium gegen den Bau und Betrieb von Kernkraftwerken im Land festgehalten. Auf Ersuchen von Energieminister Angus Taylor leitete der Ständige Ausschuss für Umwelt und Energie des Repräsentantenhauses im August 2019 eine Untersuchung des Kernbrennstoffkreislaufs und einer möglichen künftigen Nutzung der Kernenergie in Australien ein. Der Ausschuss hat seitdem rund 300 Einreichungen geprüft und ein Programm für öffentliche Anhörungen im ganzen Land durchgeführt.

Der Ausschuss veröffentlichte im Dezember 2019 den Bericht «Not without your approval: a way forward for nuclear technology in Australia», in dem es seine Ergebnisse zusammenfasst und Empfehlungen abgibt. Der Bericht wurde dem Sprecher des Repräsentantenhauses, Tony Smith, zur Prüfung durch die Regierung vorgelegt. Der Ausschuss gibt drei wichtige Empfehlungen ab:

  1. Die Regierung soll weiterhin über die Nukleartechnologie als Teil des zukünftigen Energiemix in Australien nachdenken.
  2. Die Regierung soll eine Reihe von Maßnahmen ergreifen, um das Verständnis der Nukleartechnologie im australischen Kontext zu vertiefen. Diese sollen eine Technologiebewertung für verschiedene Generationen von Kernreaktoren beinhalten, einschließlich der Prüfung ihrer Machbarkeit und Eignung für Australien.
  3. Die Regierung soll eine teilweise Aufhebung des derzeitigen Moratoriums in Betracht ziehen. Sie soll den Fokus auf neue und aufkommende Technologien richten, einschließlich der derzeit weltweit in Bau befindlichen Auslegungen der Generation III+ und zukünftiger Technologien der Generation IV. Und dies vorbehaltlich der Ergebnisse einer Technologiebewertung und einer Zustimmung der Bevölkerung.

«Die Kernenergie sollte als Teil unseres zukünftigen Energiemix auf dem Tisch liegen», sagte der Vorsitzende des Ausschusses Ted O’Brien. Er meinte weiter: «Australien sollte ein klares Nein zu alten Kerntechnologien, aber ein bedingtes Ja zu neuen und aufkommenden Technologien wie den kleinen modularen Reaktoren sagen. Und am wichtigsten ist, dass das australische Volk im Mittelpunkt eines jeden Genehmigungsverfahrens stehen sollte. Wenn es uns ernst ist mit der Senkung der Treibhausgasemissionen, so können wir diese emissionsfreie Grundlasttechnologie nicht einfach ignorieren». «Wir müssen aber auch demütig genug sein, um Lehren aus anderen Ländern zu ziehen, die diesen Weg eingeschlagen haben», ergänzte er. Es gehe nicht nur darum, die Technologie richtig einzusetzen, sondern auch darum, Akzeptanz zu schaffen, die sich auf Vertrauen und Transparenz stützt.

Seit 2007 ist der Forschungsreaktor Opal (20 MW) der Australian Nuclear Science and Technology Organisation (Ansto) in Betrieb. Er ersetzt den Hifar (High Flux Australian Reactor), der Ende Januar 2007 endgültig abgeschaltet worden ist. Australien beteiligt sich seit Mitte 2016 als Mitglied der Generation IV International Forum» (GIF) an der Entwicklung des Natrium gekühlten Schnellen Reaktors (Sodium-cooled Fast Reactor, SFR), und des Ultrahochtemperatur-Reaktors (Very-High Temperature Reactor, VHTR). Beide Reaktorauslegungen zielen auf einen effizienten Betrieb und eine Verringerung der radioaktiven Abfälle ab.

[1] World Nuclear News, „Australien poll shows strengtheneing public support“, 7.10. 2019

[2] Schweizer Nuklearforum, „Bericht fordert teilweise Aufhebung des Kernenergie-Moratorium in Australien“, 15.1.2020