Der nachfolgende Beitrag ist ein Leserbrief von Prof. Dr.-Ing Helmut Alt zur FAZ vom 31.03.2020.
Auf der Energiekonferenz am 29.10.2004 im Hyatt-Hotel in Köln sagte die damalige CDU- Chefin Dr. Angela Merkel vor Managern der Deutschen Energiewirtschaft, kurz vor ihrer Wahl zur Bundeskanzlerin, mit Ihrem ureigenen Gespür für die normative Kraft gesellschaftlicher Fehlentwicklungen:
„Auf die Dauer gibt es so viele Profiteure der Windenergie, dass Sie keine Mehrheiten mehr finden, um das noch einzuschränken“.
Genau das ist inzwischen eingetreten, so dass rationale Argumente der energiewirtschaftlichen Vernunft solange ungehört bleiben müssen, bis der Leidensdruck der Menschen, die den elektrischen Strom schlussendlich bezahlen müssen, oder die weltpolitischen Randbedingungen, zu vernünftigem Handeln zwingen. Nun, 16 Jahr später, wäre es höchste Zeit, die Ankündigungen von damals durchzusetzen und dieser Fehlentwicklung Einhalt zu gebieten. Sie sagte folgerichtig weiter bei einer Tischrede beim Handelsblattdinner am 22.4.2013 in Berlin:
„Wir müssen jetzt ein Gesetz ändern, das die alternativen Energien fördert – und von dem viele profitieren. Wie bisher können wir nicht weitermachen“.
Auch das ist sehr richtig, aber leider hatte unsere Bundeskanzlerin nicht die Kraft, den „Weg ins Nichts“ wie Prof. Sinn bei einem Vortrag an der LMU mit „Die Energiewende ins Nichts“ treffsicher formulierte und der allen Stromverbrauchern nun jährlich – statt der im Jahr 2004 vom damaligen Umweltminister Trittin versprochenen Kugel Eis pro Monat – über die Stromrechnung über 32 Milliarden Euro abverlangt, zu beenden und durch eine vernünftige Energiepolitik zu ersetzen.
Das teuflische an der Sache ist, dass nun dem „Grünen Zeitgeist“ gemäß, die erreichten 40 % regenerativer Energieanteil, der leider sachunkundigen Mehrheit unserer Bevölkerung als Erfolg für unsere Umwelt verkauft wird, ohne die wirkliche Situation wahrheitsgemäß darzustellen.
Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass uns kein Land der Erde in dieser radikalen Ausstiegsstrategie bezüglich der Kern- und Kohlekraftwerke folgt. An windschwachen nebligen Tagen ist es auch mit Hilfe beliebig vieler Windenergieanlagen nicht möglich, den Strombedarf in Deutschland zu decken. Ganz sicher auch nicht durch Stromimporte aus unseren Nachbarländern, die an solchen Spitzenlasttagen selbst auch Mühe haben, ihren eigenen Strombedarf sicher bedienen zu können.
Daher ist der weitere Zubau von Windenergieanlagen, derzeit sind rd. 60 GW Windanlagen und 50 GW Solaranlagen, insgesamt also 110 GW, als nur fluktuierend verfügbare Stromerzeugungsanlagen am Netz, bei rd. 85 GW Spitzenbedarf höchst ineffizient!
Zeitweise speisen diese Anlagen insgesamt aber nur unter 3 GW oder noch weniger ein. Ohne den massiven Zubau an bedarfsgerecht verfügbaren Gaskraftwerken, ist die grundgesetzlich geforderte sichere Stromversorgung leider nicht möglich. Die vielen Solar- und Windenergieanlagen sind auch der Grund dafür, dass Deutschland neben Dänemark die höchsten Strompreise in Europa hat.
Im geltenden Rechtsrahmen hat die Bundesregierung, solange die zu bauenden Gaskraftwerke nicht am Netz sind, nur die Möglichkeit die Abschaltung der restlichen CO2-freien Kernraftwerke und der neueren Kohlekraftwerke, zeitlich bis zur Inbetriebnahme der neuen Gaskraftwerke zu verschieben. Am Rande sei nur vermerkt, dass die Gaskraftwerke auch fast die Hälfte CO2 gegenüber Kohlekraftwerke emittieren und das Gas zu hundert Prozent – zum Argwohn unserer amerikanischen Bündnispartner und zur Freude von Herrn Putin – aus Russland importiert werden muss.
Selbst in diesem sonnenreichen Januar 2020 war die Solarstromerzeugung fast vernachlässigbar gering, im Vorjahr als Bayern mehrere Wochen unter einer fast 2 m hohen Schneedecke lag, war das noch gravierender der Fall! Nachts, wenn auch fast 50 % der Leistung am Tage benötigt werden, scheint die Sonne nie!
Bezahlbare Stromspeicher mit einem Speichervermögen von rd. 8 TWh stehen leider nicht zur Verfügung und es ist aus physikalischen Gründen leider auch nicht zu erwarten, dass solche in denkbarer Zeit verfügbar sein werden.