„Die geheimen Kosten von Boris Johnson’s verrückter Net-Zero-Strategie“

„Investitionen bis zu 550 Milliarden Euro sind bis zur Mitte des Jahrhunderts für die Energiewende erforderlich. Das haben die Szenarien ergeben, die für das Energiekonzept der Bundesregierung berechnet wurden,“ so steht es auf der Webseite des Bundeswirtschaftsministeriums. Keine Angaben darüber, wie sich die Kosten zusammensetzen, vor allem ob sie die Kosten aller notwendigen Maßnahmen im Zusammengang der Energiewende einschließen, oder sie nur den Rand eines Kostenschachtes markieren. Eine umfassende Aufklärung ist dringend geboten.

Eine interessante und aufschlussreiche Kostenanalyse einer Politik der CO2– Emissionsfreiheit (Net-Zero-Strategie) liegt uns aus Großbritannien vor. Diese Analyse ist zwar nicht 1:1 auf deutsche Verhältnisse übertragbar, doch sie gibt ein Gefühl dafür, was uns in unserem Land erwarten könnte. Eine ausführliche Kostenanalyse der so genannten Net-Zero-Strategie verfasste John Constable [1]. Hier sein ins Deutsche übersetzter Kurzbericht:

„Wir befinden uns am Rande der radikalsten Umstrukturierung unserer Wirtschaft seit der industriellen Revolution und wissen nicht und dürfen in alarmierendem Maße nicht wissen, ob dies eine gute Idee ist.

Wenn eine gewählte Regierung eine generationsübergreifende Transformation der Gesellschaft und Wirtschaft des Landes in Angriff nehmen würde, würde jeder vernünftige Bürger erwarten, dass die Verwaltung die Kosten sehr sorgfältig geprüft hat.

Wenn diese gesellschaftliche Transformation als wesentliche Versicherungspolice gegen ein externes Risiko an die Öffentlichkeit verkauft würde, muss man erwarten können, dass die Politiker diese Kosten gegen die angebliche Bedrohung abwägen, um sicherzustellen, dass von der Öffentlichkeit nicht verlangt wird, eine Prämie zu zahlen, die in keinem Verhältnis zum Risiko steht.

Skrupellose Kosten-Nutzen-Analysen sind schließlich das A und O einer rationalen Regierung.

Die Bürger des Vereinigten Königreichs wären vom Ergebnis her geschockt, wenn Johnson und seine Regierung die Klimapolitik und das Streben nach Netto-Nullemissionen bis 2050 einer Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen hätten. Tatsächlich unterließ es die Johnson-Administration, wie jede britische Regierung von Herrn Blair bis Frau May, die Richtlinien zur Emissionsreduzierung zu überprüfen und vermeidet das Thema ganz bewusst. Dies ist umso verwerflicher, als die Überprüfung von Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit nicht so schwierig ist. Alles, was getan werden muss, ist, die Kosten für die Reduzierung der Emissionen, die „Minderungskosten“, mit einer Schätzung der durch den Klimawandel verursachten Schäden zu vergleichen. Eine viel untersuchte Zahl, die Ökonomen als „soziale Kosten des Kohlenstoffs“ bezeichnen ( Social Cost of Carbon, SCC).

Fairerweise sollte eingeräumt werden, dass die Abschätzung der Minderungskosten selbst zwar relativ einfach ist, jedoch erhebliche Unsicherheiten hinsichtlich der Schätzung des SCC bestehen. Einige Analysten neigen zu der Ansicht, dass CO2-Emissionen keine Bedrohung darstellen und sogar netto von Vorteil sein können, andere, dass die Bedrohung gering ist, und wieder andere, dass ein großes Risiko mit katastrophalen Schäden für das menschliche Wohlbefinden besteht. Es gibt etliche Meinungsverschiedenheiten, aber es gibt einen Mainstream-Trend. Die meisten Analysen liegen irgendwo zwischen den Extremen, was darauf hindeutet, dass der SCC irgendwo um die 50 Britische Pfund (GBP) pro Tonne Kohlendioxid oder dessen Äquivalent (50 GBP / tCO2e) liegt, ca. 55 EUR.

Daher sind die Kosten der Emissionsminderung, die die sozialen Kosten übersteigen, offensichtlich irrational. Die Heilung wäre schlimmer als die Krankheit. Ein vernünftiger britischer Staatsbürger würde davon ausgehen, dass die Net Zero-Richtlinien seiner Regierung diesen Test bestehen. Das wäre ein Fehler. Falsch, erstens zu denken, dass die Politik diese Prüfung mit Bravour durchläuft, aber auch falsch zu glauben, dass die britische Regierung ein Interesse an den sozialen Kosten von Kohlenstoff hat. Tatsächlich hat es diese Benchmark-Betrachtung Anfang der 2000er Jahre stillschweigend aufgegeben.

Die eigene Erklärung der Regierung zu diesem Thema, die zuletzt im April 2019 aktualisiert wurde, gibt freudlos zu, dass sie „die sozialen Kosten von Kohlenstoff nicht mehr nutzt“, und räumt im nächsten Atemzug ein, dass „der SCC wichtig ist, weil er signalisiert, was die Gesellschaft theoretisch tun sollte, nämlich bereit sein, jetzt zu zahlen, um den zukünftigen Schaden zu vermeiden, der durch zusätzliche Kohlenstoffemissionen verursacht wird “.

Es wird keine überzeugende Erklärung für diese außergewöhnliche und widersprüchliche Situation gegeben, obwohl es alltäglicher Whitehall-Klatsch ist (Anm.: Whitehall, eine Straße in London im Westminster Regierungsviertel), dass die sozialen Kosten in den Schatten gedrängt wurden, weil sie peinlich waren. Keine der angebotenen Minderungsmaßnahmen, zum Beispiel durch erneuerbare Energien, entspricht annähernd den allgemeinen Schätzungen des SCC. Beispielsweise belaufen sich die Kosten für die Emissionsminderung über einen Offshore-Windpark in Großbritannien, der Zuschüsse aus zwei Zertifikaten für erneuerbare Energien pro Megawattstunde erhält, derzeit auf etwa 500 GBP / tCO2, was etwa dem Zehnfachen des Mainstream-Werts für den SCC entspricht. Einige Optionen sind billiger, andere, zum Beispiel kleine Solardächer, sind doppelt so teuer.

Kein Wunder also, dass das Ministerium für Wirtschaft, Energie und Industriestrategie (BEIS) lieber nicht darüber spricht. Sie sind sich jedoch voll bewusst und verfügen tatsächlich über Schätzungen der CO2-Minderungskosten ihrer Politik, die in Grenzkostenkurven für Minderungskosten eingebettet sind. Diese werden nicht veröffentlicht, aber hin und wieder rutschen kleine Informationen heraus.

Beispielsweise veröffentlichte das BEIS neben dem kürzlich veröffentlichten Energie-Weißbuch „Powering Our Net Zero Future“ eine unterstützende Analyse, Modeling 2050, in der die Kosten für die Erzielung sehr niedriger Emissionen von weniger als 25 g CO2e / kWh im Elektrizitätssektor untersucht wurden. In zwei bemerkenswerten Diagrammen gab BEIS bekannt, dass die Kosten für die Herabsetzung von 25 g / kWh auf 10 g / kWh im Bereich von 200 bis 350 GBP / tCO2e (in Preisen von 2012) und die Kosten für die Herabsetzung von 10 g CO2 auf 5 g CO2 / kWh zwischen 600 und 900 GBP / tCO2e liegen. (Jeder, der sich eingehender damit befassen möchte, kann damit beginnen, meine kürzlich erschienene Arbeit für GWPF zu lesen: „Who are they Fooling“) (Anm.: GWPF steht für Global Warming Policy Forum)

Obwohl diese BEIS-Minderungskosten bereits umwerfend sind, ist das wirklich Auffällige an den Diagrammen, dass sie nur einen kleinen Bruchteil der gesamten Netto-Null-Minderungskostenkurve darstellen, der für die Autoren des Weißbuchs sichtbar ist. Die Emissionen im Elektrizitätssektor liegen derzeit bei etwa 200 g / kWh, BEIS liefert jedoch keine Informationen über die Minderungskosten für den Übergang vom derzeitigen Niveau auf 25 g / kWh. Warum nicht? Aus dem gleichen Grund, warum man nicht gerne über die sozialen Kosten von Kohlenstoff spricht: Es ist peinlich.

Ich weiß nicht, was die vollständige BEIS-Kostenkurve ergeben würde (Antrag auf Informationsanfrage steht noch aus), aber wir können berechnen, dass die durchschnittlichen Minderungskosten im Rahmen des Subventionssystems für erneuerbare Energien derzeit bei 250 GBP / tCO2e liegen. Und es wird wahrscheinlich so bleiben oder sogar zunehmen, da es trotz der Propaganda, die sehr beschämend von BEIS selbst ausgeht, keine empirischen Beweise für einen erheblichen Rückgang der Kapitalkosten für Offshore-Wind gibt, während die Betriebskosten stark ansteigen (siehe Gordon Hughes ‚Studie: Wind Power Economics: Rhetorik und Realität). Dies ist eine schreckliche Situation.

Nochmals meine Eingangsaussage: Wir befinden uns am Rande der radikalsten Umstrukturierung unserer Wirtschaft seit der industriellen Revolution und wissen nicht, und in alarmierendem Maße dürfen wir nicht wissen, ob dies eine gute Idee ist.“

Eine zum Inhalt dieses Berichtes passende Alarmmeldung stammt vom BDI-Chef Kempf in der FAZ vom 7. Oktober 2020:

„Schon eine Verringerung der Treibhausgase bishin um 95 Prozent gegenüber 1990 würde 2300 Milliarden Euro kosten. Man muss eben manchmal auch das Preisschild sehen. Viele Betriebe fragten sich, woher sie die notwendigen Mittel für Investitionen nehmen sollten. Klimaschutz darf kein Jobkiller sein, sondern muss zum gesellschaftlichen Projekt werden.“

 

[1] https://www.conservativewoman.co.uk/johnsons-crazy-net-zero-drive-will-cost-so-much-more-than-it-saves/?mc_cid=c8c22bbbb0&mc_eid=2560bc397b