Green Deal, Net-Zero, Klimaneutralität: Politiker vorrangig der westlichen Welt bekunden bei jeder sich bietenden Gelegenheit ihren Willen zur Reduktion der CO2-Emissionen. Ihr Ziel: Ausstieg aus der Kohle, weg vom Verbrennungsmotor, Energieumstellung auf CO2-freie Energieträger. Ein Ziel, das gravierende industrielle Einschnitte mit sich bringen und den Energieverbrauchern, das sind wir alle, gewaltige Kosten auferlegen wird.
Beim Blick auf den Mainstream all der Reduktionspläne kommt der Eindruck auf, das Ende der fossilen Energieträger sei nahe. Durch Steuerung der Finanzströme (u.a. EU-Taxonomie) sollen Kohle, Erdöl und Erdgas von jetzt an massiv an den Rand gedrückt werden. Mit gewaltiger Macht sollen die erneuerbaren Energieformen mit Windenergie- und Solaranlagen weltweit, in Deutschland gegen stärker werdenden Widerstand der Bürger, durchgesetzt werden, um das Klima „zu retten“. Und dies gegen die inzwischen gesicherte Erkenntnis, dass das CO2 nur einen geringen Einfluss auf die Klimaentwicklung hat.
Wo ist der Sinn, wenn in den bevölkerungsreichsten Teilen der Welt entgegengesetzte Entwicklungen ablaufen, dort eine steigende Nachfrage nach Kohle besteht, die die CO2-Emissionen unvermindert in der Erdatmosphäre ansteigen lässt?
„Bei nüchterner Betrachtung muss man sich fragen, ob all die Berufspolitiker, Umweltfunktionäre, Klimatheoretiker und angestellten Manager je die Zahlen, Entwicklungen und Zusammenhänge zum Energieverbrauch angeschaut haben. Wenn man sich vergegenwärtigt, durch welche Energien die Welt heute angetrieben wird, wirken die in den reichen Ländern praktizierten Klima-Rituale abwegig,“ schreibt Beat Gygi [1].
Die Weltwirtschaft kommt langsam wieder auf Touren, wie an erneut steigenden CO2-Emissionen erkennbar ist. Laut Carbon Monitor [2], einem akademischen Forschungsprojekt, das den täglichen CO2-Ausstoß weltweit überwacht, stiegen die weltweiten Kohlendioxidemissionen in den ersten vier Monaten des Jahres um 7,4 %.
Der Anstieg wurde zum Teil von China angeführt, wo wieder in Betrieb gegangene Fabriken die Nachfrage nach Kohlestrom angeheizt und die Emissionen im Vergleich zum Jahr 2020 um 18 % in die Höhe getrieben haben. Indien verzeichnete einen Anstieg der Emissionen um fast 15 %, was zu einem großen Teil auf die Zunahme der Kohleerzeugung zurückzuführen war [3], während die Emissionen in der Europäischen Union um fast 10 % stiegen. Die Vereinigten Staaten verzeichneten dagegen eine relativ bescheidene Zunahme von 3,3 %.
Die Zahlen stellen eine Momentaufnahme dar. Ein Teil der Gründe, warum der Anstieg der Emissionen in China so groß erscheint, ist, dass dem Land in der ersten Hälfte des Jahres 2020 eine strikte wirtschaftliche Blockade auferlegt war. Die Wirtschaft lief erst in der zweiten Jahreshälfte wieder an [3]. Wenn Länder wie China ihre Kohlekraftwerke weiter ausbauen, werden sie deren Betrieb in den nächsten 30 Jahren nicht wieder einstellen.
Da Asien und Afrika trotzig nach Kohle streben, während die USA und Russland weiterhin den wachsenden globalen Appetit auf Kohle durch Exporte nähren, ist das Ende der Kohle bei weitem nicht in Sicht. Stattdessen könnten wir eine erneute globale Nachfrage nach Kohle erleben [4].
Die Kohleproduzenten verfolgen weltweit aktiv 2,2 Milliarden Tonnen an neuen Minenprojekten, ein Wachstum von 30 Prozent gegenüber dem derzeitigen Produktionsniveau, wie der Global Energy Monitor am 3. Juni 2021 mitteilte.
In ihrer Analyse wurden 432 vorgeschlagene Kohleprojekte weltweit untersucht. Man fand heraus, dass eine Handvoll Provinzen und Staaten in China, Russland, Indien und Australien für 77 Prozent (1,7 Milliarden Tonnen pro Jahr) neuer Minenaktivitäten verantwortlich sind. Wenn diese vorgeschlagenen Projekte entwickelt werden, erhöhen sie das Angebot auf mehr als das Vierfache [3]. Eine Entwicklung, die weitab vom Pariser Klimaabkommens läge.
In Oilprice [5] wird eine Analyse zitiert, nach der „seit Beginn der Covid-19-Pandemie und trotz kollektiver Zusagen, “besser zurückzubauen”, die G7-Staaten mehr Geld in fossile Brennstoffe als in saubere Energie pumpen. Die Entscheidungen, die die G7-Länder in diesem Jahr treffen, werden sich über Jahrzehnte hinweg entscheidend auf die Richtung der Weltwirtschaft auswirken.“
Der Kohleverbrauch in Europa stieg in diesem Jahr um 10% auf 15%, nachdem ein kälteres und länger als üblicher Winter die Gasspeicher erschöpft hatte, sagte Andy Sommer, Teamleiter Fundamentalanalyse und Modellierung beim Schweizer Händler Axpo Solutions AG. Wie Bloomberg [6] weiter berichtete, hätten sich Länder wie Deutschland, die Niederlande und Polen bei erneut „hochlaufender“ Wirtschaft wieder verstärkt der Kohle zugewandt.
Wenn man sich vergegenwärtigt, durch welche Energien Industrie, Verkehr und Transporte heute weltweit angetrieben werden, wirken die in den reichen Ländern praktizierten Klima-Rituale abwegig, wie die folgende Grafik über den weltweiten Verbrauch der Primärenergien in den vergangenen 25 Jahren zeigt [1]:
Zuunterst befindet sich der Sockel, der den Erdölverbrauch darstellt, er verläuft stetig wachsend bis in die jüngste Zeit, Erdöl befriedigt zurzeit 33 Prozent des globalen Gesamtverbrauchs. Über dieser Fläche ist der Erdgasverbrauch (Anteil jüngst 24 Prozent) abgebildet, der eine noch zügigere Ausdehnung erfahren hat. Die dritte Schicht ist die Kohlenenergie (27 Prozent), auch bis in die jüngste Zeit ein Wachstumsgeschäft. Darüber sieht man den kleinen Streifen, der für die Kernenergie (4 Prozent) steht und sich über die Zeit hinweg wenig verändert hat. Oberhalb der Kernkraft erscheint die Wasserkraft (6 Prozent), die über die Jahre etwas an Bedeutung gewonnen hat.
Der dünne Streifen zuoberst in der Grafik, der erst vor kurzem etwas dicker wurde und nun einen Anteil von rund 5 Prozent erreicht, steht für die vielzitierten neuen erneuerbaren Energieformen wie Solar- und Windkraft, auch Biomasse, usw. „Man muss sich plastisch vor Augen führen“, schreibt Gygi [1], „was sich die Netto-null-Versprecher also vorstellen: Dieser kleine Streifen soll den Energiemarkt der Zukunft ausfüllen. Bis 2050, also bis in dreißig Jahren, soll der ganze große untere Teil der Grafik, die Fossilen Öl, Gas und Kohle, die heute gut 80 Prozent des gesamten primären Energieverbrauchs decken, verschwinden, verboten werden, genau das, was am Wachsen ist.“
Eine geradezu utopische Vorstellung. Nach enormen Investitionen in Windenergie- und Solaranlagen, gefördert durch hohe Subventionsgelder, die den Stromkonsumenten aus der Tasche gezogen werden und die deutschen Strompreise auf internationale Rekordwerte treiben, erreicht die Energieversorgung aus diesen neuen Quellen in Deutschland bisher erst rund 7 Prozent des Primärenergieverbrauchs.
Und vergessen wir das Wesentliche nicht. Selbst wenn es gelingen sollte, den Beitrag der Erneuerbaren auf 90 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs zu steigern, sie bleiben wetterabhängig und somit absolut unzuverlässig.
Gygi schreibt in seinem Bericht [1]: „Der amerikanische Wissenschaftspublizist Alex Epstein hat in seinem Bestseller «The Moral Case for Fossil Fuels» von 2014 anschaulich dargelegt, welche gewaltigen Wirkungen die fossilen Energien auf die Entwicklung der Menschheit und der Volkswirtschaften hatten. Der Kritik an den schädlichen Seiten von Kohle, Erdöl und Erdgas hält er deren Vorteile entgegen. Billige, reichlich vorhandene und zuverlässige Energie sei das, um die Welt laufend zu entwickeln, das Leben der Menschen zu verbessern. Für Epstein ist es ein ethisches Gebot, diese Entwicklungsmöglichkeiten zu bewahren“.
[1] Dr. Beat Gygi, Das Erdölzeitalter hat erst begonnen, Weltwoche, 09.06.2021
[2] https://carbonmonitor.org/?mc_cid=ef2a1ccefa&mc_eid=2560bc397b