Mit diesen markigen Worten betitelt das Handelsblatt vom 28.02.2023 ihren Bericht über die Gründung eines Pro-Atom-Klubs, der die Bundesregierung in der EU in die Defensive drängen soll. Zugleich will Frankreich die Kernkraft als Teil der Energiewende in Europa verankern.
Neben Frankreich zeichneten Rumänien, Bulgarien, Slowenien, die Tschechische Republik, die Slowakei, Polen, Ungarn, Kroatien, die Niederlande und Finnland eine Erklärung*), in der es heißt:
„Atomenergie ist eines der vielen Instrumente für das Erreichen unserer Klimaziele, für die Produktion der Strom-Grundlast und für die Versorgungssicherheit“.
Am Rande des EU-Energieministertreffens am 27./28.02.2023 in Stockholm bekräftigten sie „ihren Willen, die europäische Kooperation auf dem Feld der Atomenergie zu stärken“. Konkret geht es dabei um eine Zusammenarbeit in der Forschung, bei Industrieprojekten und bei den Lieferketten der Atomwirtschaft.
Deutschland sperrt sich dagegen, die Kernkraft in der EU auf die Stufe erneuerbarer Energien zu stellen.
Umstritten sei, so das Handelsblatt, ob und inwiefern kohlenstoffarme Energieträger wie Kernkraft auf die EU-Ausbauziele für grüne Energien angerechnet werden. Verbunden ist damit außerdem die Frage, ob mit Kernenergiestrom hergestellter Wasserstoff gleichberechtigt neben grünem Wasserstoff aus Strom- und Windkraft anerkannt wird. Paris konnte kürzlich einen Etappensieg beim Wasserstoff erringen: Die EU-Kommission schlug vor, dass das Industriegas unter bestimmten Umständen auch dann als klimafreundlich gelten kann, wenn es mit Kernenergiestrom erzeugt wird.
Frankreich kämpft mit harten Bandagen für seine pronukleare Linie. Angesichts des Widerstands aus Deutschland und Spanien drohte Paris mit der Blockade eines Pipelineprojekts, das Ende des Jahrzehnts grünen Wasserstoff von der Iberischen Halbinsel durch das Mittelmeer nach Südfrankreich bringen soll. Die Hoffnung in Berlin ist, dass Frankreich dieses Leitungssystem bis nach Deutschland verlängert.
Im KTG-Fachinfo 05/2023 vom 27.02.2023 heißt es dazu: „Wie Frankreichkorrespondentin Michaela Wiegel in der FAZ vom 24. Februar berichtet, sei die französische Regierung in der Frage der Atomenergie auf einen offenen Konfrontationskurs zur Bundesregierung eingeschwenkt. Dabei spiele auch eine vertiefte Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten eine Rolle. Beim Staatsbesuch von Emmanuel Macron in Washington im vergangenen Dezember sei im Rahmen der U.S.-France Bilateral Clean Energy Partnership eine ständige bilaterale Arbeitsgruppe zur zivilen Kernkraft gegründet worden. Ausdrückliches Ziel sei es, weltweit eine hochmoderne Kernenergie zu fördern, da ihr eine wichtige Rolle bei der Reduzierung der weltweiten CO2-Emissionen zukommt, wie es in der gemeinsamen Erklärung heißt.“
Innenpolitisch gründet dieser Kurs auf einem erneuerten Konsens zur Kernenergie. Dies kommt auch in einer parlamentarischen Untersuchungskommission unter Vorsitz der oppositionellen, konservativen Republikaner (LR) zum Ausdruck, die seit vergangenem November die Gründe für den Verlust der Souveränität und Unabhängigkeit Frankreichs im Energiebereich ermittelt. Die Anhörungen in der Nationalversammlung kämen, so die Autorin, einer Abrechnung mit einer verfehlten europäischen Energiepolitik unter deutscher Führung nahe. Was für eine Schmach für die deutsche Energiepolitik! Bei den Anhörungen werden am 16. März die beiden früheren Präsidenten Nicolas Sarkozy und Francois Hollande angehört.
Bereits ausgesagt haben ehemalige Chefs von EDF. So wurde am 13. Dezember Ex-EDF-Chef (2009 – 2014) Henri Proglio befragt, der äußerte, dass EDF ein Energieexporteur mit dem billigsten Strom Europas gewesen sei, mit dem Frankreich einen Vorteil bei den Treibhausgasemissionen hatte. Dann sei allerdings der europäische Strommarkt so entwickelt worden, dass der Marktpreis an den Gaspreis gekoppelt worden sei. Proglio sagte, die europäische Regulierung ist deutsch und die Klimabilanz habe eine untergeordnete Rolle gespielt. Zudem berichtete er, dass die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel ihm bei einem Abendessen am Rande der Hannover-Messe 2012 anvertraut habe, dass sie als Physikerin den Atomausstieg nicht gutheißen könne, sich aber aus politischen Gründen dazu entschieden habe. Wechselnde Bundesregierungen hätten das französische Wettbewerbsinstrument EDF gezielt zu schwächen versucht, um die deutsche Industrie zu begünstigen.
Der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses wird im April erwartet.
*) Schweden hat nicht mitgezeichnet, weil es den Vorsitz im Europarat hat und satzungsgemäß zur Neutralität verpflichtet ist.