Kommt der Netto-Null-Zug zum Stillstand?

Der Zug stößt immer mehr auf harte Realitäten. Wie Abraham Lincoln bemerkte, kann man nicht immer alle Menschen täuschen. Dem fügte der Physiker Richard Feynman die wichtige Ergänzung hinzu, dass man der Natur auch nichts vormachen kann.

Die Öko-Eiferer im öffentlichen Dienst, in den Think Tanks und in der grünen Blase haben es versucht. Man denke zum Beispiel an die oft wiederholte Behauptung, dass Wind- und Solarenergie billig sind, was nachweislich falsch ist, und übersieht sorgfältig die Tatsache, dass ein von erneuerbaren Energien dominiertes Netz Milliarden von Euro allein für Stromspeicher (wenn die überhaupt möglich wären) erfordern würde, damit die Stromversorgung ohne Backup funktioniert. Infolgedessen wurden Gigawatt an Wind- und Solarenergie installiert und die Investitionen in konventionelle Energiequellen langsam abgewürgt. Die Natur und die Physik weigern sich jedoch, sich von allen Behauptungen über „billige erneuerbare Energien“ vereinnahmen zu lassen, und haben in 20 Jahren mit unerbittlichen Strompreiserhöhungen reagiert.

Viele Unternehmen, die bereits nicht mehr in der Lage sind, mit der billigen Energie und den billigen Arbeitskräften des Fernen Ostens zu konkurrieren, müssen sich nun der Realität stellen, dass sie bald auch nicht mehr in der Lage sein werden, mit den USA zu konkurrieren, wegen ihres Überflusses an billigem Gas und ihrer Flutwelle von Subventionen.  Die Realitäten von Netto Null treffen auch die breite Öffentlichkeit. Die Bedrohung, die das Projekt für Lebensgrundlagen und Freiheiten darstellt, wird von Tag zu Tag deutlicher.

Stichwort: Gebäudeenergiegesetz, das darauf abzielt, die traditionelle Gas- und Ölheizung auslaufen zu lassen, indem vorgeschrieben wird, dass alle neuen Heizungssysteme, die nach 2024 installiert werden, nicht weniger als 65 % erneuerbare Energie verwenden. In den meisten Fällen kann dies nur durch den Einbau von elektrisch betriebenen Wärmepumpen erreicht werden. Gerade bei vielen älteren Gebäuden werden sich die damit verbundenen Sanierungskosten als katastrophal erweisen, und wenn sie nicht drastisch überarbeitet werden, werden die Regeln den Wohnungsmarkt nur durcheinanderbringen und viel persönliches Vermögen vernichten. Das Netz gibt auch keine Hoffnung, diese neuen Wärmequellen jetzt oder in Zukunft mit ausreichend Strom zu versorgen.

„Wenn man gegenwärtige Klima- und Energiepolitik zusammen mit den Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und des Lebensstils und der anhaltenden Zensur von Kritik und Opposition sieht, werden viele zu dem Schluss kommen, dass die Klimakatastrophe einfach die jüngste Manifestation der gewohnheitsmäßigen Tendenz der Menschheit zum Totalitarismus ist. Sie haben Recht damit: Grüne Fanatiker streben danach, jeden Aspekt des Lebens zu diktieren, für Sie und alle anderen auf der Welt“; schreibt dazu Daily Sceptic [1].

Nach einer Meldung des Wall Street Journal [2] deutete der französische Präsidenten Emmanuel Macron in einer Rede an, dass Europa möglicherweise bereits genug Umweltvorschriften hat und keine weiteren mehr braucht.

Macron forderte einen „regulatorischen Bruch“ in Umweltfragen in Europa. „Wir sind den Amerikanern, den Chinesen oder jeder anderen Weltmacht in regulatorischer Hinsicht voraus“, sagte er. „Jetzt müssen wir damit aufhören, dem grünen Regelwerk weitere hunderte von Seiten hinzuzufügen.“ Bemerkenswert ist, dass er vor einem Raum voller Industriemanager darüber sprach, wie die Deindustrialisierung rückgängig gemacht und die französische Fertigung wiederbelebt werden kann.

Noch bemerkenswerter sei, dass Macron mit seiner Meinung nicht allein sei. Vorschläge der Europäischen Union, bestimmte Pestizide zu verbieten und die Regierungen zur Wiederherstellung von Wäldern, Feuchtgebieten und anderen Lebensräumen zu verpflichten, stoßen in Brüssel auf Widerstand. Die Europäische Volkspartei, die wichtigste Mitte-Rechts-Fraktion auf EU-Ebene, zu der Parteien wie die deutschen Christdemokraten gehören, hat sich gegen diese beiden Komponenten des Green Deal der EU ausgesprochen, mit der Begründung, dass die Pläne den Landwirten schaden würden [2].

Europa gibt seine Netto-Null-Torheiten nicht ganz auf. Doch die Politik merkt endlich, dass die Netto-Null-Politik immer mehr Produktion in andere Länder verdrängt.

Die Verabschiedung des Inflation Reduction Act in den USA, der mit Subventionen vollgestopft ist, die sich nur Washington leisten könnte, hat gezeigt, dass es in Europa nahezu unmöglich sei, entsprechende Subventionen zu organisieren. Die EU wird versuchen, eine Kohlenstoff-Grenzsteuer auf importierte Waren zu erheben, um den Wettbewerbsdruck auf die europäischen Hersteller zu verringern, aber vielleicht beginnen die Staats- und Regierungschefs zu befürchten, dass selbst das nicht ausreichen wird, um europäische Arbeitsplätze zu retten [2].

Europas dominierende Industriemacht ist durch die grüne Politik in eine zutiefst zerstörerische politische und administrative Spirale geraten, von der sie sich möglicherweise nie wieder erholen wird. Man kann nur hoffen, dass die Rede von Macron eine ernst gemeinte Aufforderung war, der Netto-Null-Politik Einhalt zu gebieten und er nicht nur wahlstrategische Absichten hatte.

 

[1] https://dailysceptic.org/2023/04/26/net-zero-is-being-mugged-by-reality-and-the-people-are-waking-up/?mc_cid=5b2e60f75c

[2] https://www.wsj.com/articles/emmanuel-macron-europe-environmental-regulation-e2d15007?mc_cid=5167da7e2d