Erst eine Aussicht auf ein Endlager in Gorleben und jetzt NICHTS

„Salzstock Gorleben wird zugeschüttet.“ Unter dieser Überschrift berichtet DER SPIEGEL am 29.11.2024 über den Beginn des Rückbaus des Erkundungsbergwerkes im 240 Millionen Jahren alten Salzstock. Die Bundesregierung ist nach Atomgesetz verpflichtet, Endlager für die Aufnahme von radioaktiven Abfällen bereitzustellen. Sie allein und nicht die Verursacher des nuklearen Abfalls.

Deutschland war mit dem Endlagerprojekt Gorleben weltweit technologisch und von der Zeitskala führend. Die Kernkraftwerksbetreiber zahlten hierfür 1,7 Milliarden Euro, die nunmehr im wahrsten Sinne des Wortes verschüttet werden. Das Bergwerk war gebaut worden, um die Eignung für ein Endlager zu untersuchen.

Noch im Jahr 2000 hat die Bundesregierung die Eignung nicht in Frage gestellt. In der „Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen vom 14. Juni 2000“ gab die Bundesregierung als Bestandteil dieser Vereinbarung als Anlage 4 folgende Erklärung ab. Eine Erklärung, die sie anscheinend völlig aus den Augen verloren hat und es daher notwendig wird, sie in Erinnerung zu rufen:

Erklärung des Bundes zur Erkundung des Salzstockes in Gorleben

 Gemäß § 9a des Atomgesetzes hat der Bund die gesetzliche Aufgabe, Anlagen zur Endlagerung radioaktiver Stoffe einzurichten. Die Bundesregierung bekennt sich zu dieser Aufgabe und erklärt, dass sie die erforderlichen Maßnahmen ergreift, um unbeschadet des Ausstiegs aus der Kernenergie die benötigten Endlagerkapazitäten für die radioaktiven Abfälle rechtzeitig zur Verfügung zu Stellen.

 Als potenzielle Wirtsgesteine für Endlager kommen sowohl Salz als auch andere Gesteinsformationen wie Granit und Ton in Betracht. 1979 wurde entschieden, für eine mögliche Endlagerung den Salzstock Gorleben zu erkunden. Die dabei bisher gewonnenen Erkenntnisse stellen sich im Wesentlichen wie folgt dar:

 Die Ausdehnung des für die Einlagerung von hochradioaktiven Abfällen vorgesehenen Älteren Steinsalzes hat sich im Rahmen der Erkundung des Erkundungsbereiches (EB 1) als größer erwiesen, als ursprünglich angenommen. Der EB 1 reicht allerdings für die prognostizierte Abfallmenge nicht aus.

 Die analytisch bestimmten Hebungsraten des Salzstockes lassen erwarten, dass im Hinblick auf mögliche Hebungen auch in sehr langen Zeithorizonten (größenordnungsmäßig 1 Mio. Jahre) nicht mit hierdurch verursachten Gefährdungen zu rechnen ist. Es wurden keine nennenswerten Lösungs-, Gas- und Kondensationseinschlüsse im Älteren Steinsalz gefunden. Die bisherigen Erkenntnisse über ein dichtes Gebirge und damit die Barrierefunktion des Salzes wurden positiv bestätigt. Somit stehen die bisher gewonnenen Befunde einer Eignungshöffigkeit des Salzstockes Gorleben zwar nicht entgegen.

Allerdings sieht die Bundesregierung im Zusammenhang mit der laufenden internationalen Diskussion die Notwendigkeit, die Eignungskriterien für ein Endlager fortzuentwickeln und die Konzeption für die Endlagerung radioaktiver Abfälle zu überarbeiten. Derr Stand von Wissenschaft und Technik und die allgemeine Risikobewertung haben sich in den letzten Jahren erheblich weiter entwickelt; dies hat Konsequenzen hinsichtlich der weiteren Erkundung des Salzstockes in Gorleben.

 Es folgt jetzt noch eine Auflistung von Fragestellungen, die den Zweifel begründen sollen. Die letzten beiden Abätze der Erklärung lauten:

Das Moratorium bedeutet keine Aufgabe von Gorleben als Standort für ein Endlager. Vielmehr geht es darum, während der Prüfung der konzeptionellen und sicherheitstechnischen Fragen keine Investitionen zu tätigen, die nicht zur Klärung dieser Fragen beitragen können.

 Der Bund ergreift die erforderlichen Maßnahmen, um während des Moratoriums den Standort Gorleben zu sichern. Dazu gehören die notwendigen rechtlichen Schritte, um die Position des Bundes als Antragssteller zu sichern und das Vorhaben gegen Eingriffe Dritter zu schützen. Der Bund wird die notwendigen Maßnahmen ergreifen, damit die beantragte 10jährige Verlängerung des Rahmenbetriebsplans für das Erkundungsbergwerk erteilt wird. Der Bund wird die Planung durch eine atomrechtliche Veränderungssperre (Rechtsverordnung nach § 9 g AtG) sichern. (Die Hervorhebungen im Text stammen vom Autor)

Die nach Ansicht der Bundesregierung offenen Fragen waren relativ schnell geklärt. Sie waren ohnehin nur ein Mittel, um die Erkundung zu verzögern und, wie sich dann herausstellte, die Endlagerung am Standort Gorleben aus technisch nicht nachvollziehbaren Gründen abzulehnen. Wenn die Bundesumweltministerin Steffi Lemke nach Angaben von DER SPIEGEL erklärt, das Vorgehen um Gorleben „habe viel Akzeptanz und Vertrauen zerstört“, dann sollte sie wissen, dass ihre Partei Die Grünen maßgeblich dazu beigetragen hat.

 Fakt ist jedoch auch, dass keine Partei sich jemals aus Überzeugung für die Endlagerung ausgesprochen und eingesetzt hat. Ganz nach dem Motto „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“. Die obige Aussage, die Bundesregierung ergreife die erforderlichen Maßnahmen…, klingen wie Hohn. Das war im Jahr 2000, also vor 24 Jahren und von der Endlagerung ist die Bundesregierung heute weiter entfernt als damals. Sie steht völlig am Anfang, ohne Standort und folglich ohne Standortkonzept vor dem NICHTS.

Wenn die Bundesumweltministerin meint, man sei auf einem guten Weg, habe einen breiten gesellschaftlichen Kompromiss über die Endlagersuche gefunden und diesen in Gesetzen verankert, dann liegt genau da das neue Problem. Die vorgesehene Bürgernähe und das Mitspracherecht bei hochtechnischen und wissenschaftlichen Entscheidungen wird nicht nur die Planung – schon des Standortes – erheblich verzögern, sie wird im Endeffekt auch die bürgerliche Gegenwehr im Fall der Standortentscheidung und aller folgenden Schritte nicht verhindern. Das in 2013 geschaffene Standortauswahlgesetz wird sich über kurz oder lang als Hemmschuh erweisen, wenn erkannt wird, dass es in diesem Jahrhundert keine Endlagerung hochradioaktiver Abfälle geben wird. Der Druck auf die Bereitstellung eines Endlagers wird zunehmen, denn die zwangsläufig erheblich längeren Zwischenlagerzeiten für die abgebrannten Brennelemente an den KKW- Standorten kann nicht im Sinne der Bundesregierung sein.

Wer in den 80er Jahren miterlebt hat, welche Auflagen der Bund den Kraftwerksbetreibern bezüglich ihrer Entsorgungsnachweise auferlegt hat und sich von den Politikern immer wieder anhören musste, die sicherste Aufbewahrung radioaktiver Abfälle sei ihre Endlagerung in tiefen geologischen Formationen, der kann sich heute nur noch vor den Kopf fassen und …..