Die Lage am deutschen Strommarkt spitzt sich zu. Bei Flatterstrom-Situation muss Deutschland verstärkt Strom importieren. Dabei schießen die Preise in die Höhe. Nachbarstaaten reagieren sauer. Die schwedische Energieministerin Ebba Busch übt harte Kritik an der Energiepolitik der Grünen in Deutschland: „Die Achterbahnfahrt der Strompreise ist horrend. Das liegt daran, dass die Kernkraftwerke abgeschaltet sind. Wenn der Wind nicht weht, bekommen wir mit diesem gescheiterten Stromsystem hohe Strompreise von etwa zehn Kronen pro kWh, vergleichbar den deutschen Strompreisen.“ [1] Auch Norwegen reagierte aus gleichem Grund verärgert. Der Energieminister Terje Aasland kündigte eine Änderung der Stromlieferverträge mit Deutschland an.
Wie wir berichteten, führte die Dunkelflaute am 6. November 2024 an der Strombörse zu Kapriolen. Der Strompreis stieg extrem schnell und stark an – auf mehr als 800 Euro pro MWh. Damit war er rund zehnmal so teuer wie gewöhnlich. Die bedrohliche Situation wiederholte sich am 12. Dezember.
RWE-Chef Markus Krebber beschreibt, was am 6.11. los war: Die Stromnachfrage habe rund 66 Gigawatt (GW) betragen. Sie wurde durch die heimische Stromleistung von rund 53 GW und Importe von 13 GW gedeckt. Dabei sei fast die komplette inländische Versorgung (!) verfügbar gewesen und auch ein Großteil der Verbundnetz-Kapazität über Interkonnektoren, die man für Importe braucht. Laut Beschluss der EU-Kommission soll jeder Mitgliedsstaat in der Lage sein, zehn Prozent seiner Stromproduktionskapazität über die Landesgrenze zu transportieren. Damit sind die Kapazitätsgrenzen der Interkonnektoren dann auch erreicht. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, jeder Mitgliedsstaat ist vorrangig für seinen eigenen Strombedarf verantwortlich und darf sich nicht auf andere verlassen.
„Ganz konkret heißt das, dass die gleiche Situation an einem anderen Tag mit höherer Spitzenlast nicht zu bewältigen gewesen wäre“, so Krebber. Die höchste Stromnachfrage dieses Jahres gab es am 15. Januar mit mehr als 75 GW.
Strompreise schwanken grundsätzlich stark. Im Mai dieses Jahres kostete Strom an der Börse zum Beispiel buchstäblich nichts, tagelang war der Strompreis sogar „negativ“. Das bedeutet, mehr Strom war am Markt vorhanden als verbraucht werden kann. Die Folge, Stromproduzenten mussten Geld zulegen, um ihn los zu werden. Als Strom überwiegend in nuklearen und fossilen Kraftwerken erzeugt wurde, orientierte sich die Stromproduktion an der Nachfrage. Negative Strompreise gab es in jener Zeit sehr selten. Mit voranschreitendem Ausbau der erneuerbaren Energien und ihrer unkalkulierbaren Abhängigkeit von Wind und Sonne nahmen die negativen Strompreise drastisch zu.
Die starken Strompreisschwankungen sind für die meisten Haushalte kein Problem. Sie haben feste Tarife. Bei flexiblen Stromtarifen werden sich Schwankungen bemerkbar machen.
Jedoch, ob Industrie oder Verbraucher für beide ist der Strom in den vergangenen zehn Jahren immer teurer geworden. Das meiste davon sind allerdings Steuern, Abgaben und Umlagen. Immer höher wurden auch die Netzentgelte, um das Stromnetz zu betreiben und Strom zu übertragen. Auch hier ist im Zuge des gewaltigen Netzausbaus mit weiteren Erhöhungen zu rechnen – denn im Zuge der Einsparungen im Bundeshaushalt hat die Bundesregierung einen geplanten Zuschuss für die Stabilisierung der Netzentgelte von 5,5 Milliarden Euro gestrichen. Die Netzbetreiber erhöhten deshalb die Entgelte.
Die TU Darmstadt Energiewirtschaft rechnet für dieses Jahr mit Gesamtkosten aus dem EEG von 20 Milliarden Euro, davon dürften deutlich mehr als 2 Mrd. auf die Zeiten zurückgehen, in denen der Strom keinen ökonomischen Wert hat. Denn: „In diesem Jahr werden wir voraussichtlich in rund zehn Prozent aller Stunden Preise von Null und darunter sehen.“ Fazit: „Wir müssen anerkennen, dass es nicht finanzierbar ist, die Einspeise-Vergütung aufrechtzuerhalten, selbst wenn der Strom keinen Wert mehr hat.“[2]
Abhilfen?
Abhilfen wären kostengünstige und kapazitätsmäßig ausreichende Energiespeicher sowohl bei Strommangel wie Stromüberschuss. Ein derzeitiger Richtwert wäre 1500 GWh pro Tag. Doch diese Energiespeicher stehen nicht zur Verfügung. Sie bleiben die Achilles-Ferse der Energiewende. Die in Deutschland vorhandenen Pumpspeicherwerke können zusammen etwa nur 40 Gigawattstunden (GWh) speichern. Batteriespeicher wären in der notwendigen Kapazität exorbitant teuer. Wie in diesem Zusammenhang die politisch propagierte Wasserstoff-Technologie zu bewerten ist, berichteten wir hier, hier und hier. Ohne Energiespeicher ist die Energiewende zum Scheitern verurteilt.
Strompreise für die Haushalte
Nach Angaben der BDEW [3] ist der durchschnittliche Strompreis für Haushalte in 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 11 Prozent bzw. 4.81 ct/kWh gesunken und beträgt nun durchschnittlich 40,92 ct/kWh (Grundpreis anteilig für einen Verbrauch von 3.500 kWh/a enthalten).
Durchschnittlicher Strompreis für einen Haushalt in ct/kWh, Jahresverbrauch 3.500 kWh
Grundpreis anteilig enthalten, Tarifprodukte und Grundversorgungstarife inkl. Neukundentarife enthalten, nicht mengengewichtet.
Quellen
[1] General-Anzeiger 14./15. 12. 2024, „Laute Kritik an deutscher Energiepolitik“
[3] https://www.bdew.de/service/daten-und-grafiken/bdew-strompreisanalyse/