von Günter Keil
In mehreren Artikeln habe ich die seltsame ideologische Fixierung sowohl der rot-grünen als auch der schwarz-gelben Regierungen auf die Stromerzeugung behandelt. Man wollte unbedingt die sogenannten „erneuerbaren“ (regenerativen) Energiequellen zum vermeintlichen Klimaschutz stärker nutzen – aber jede dieser Quellen musste Strom liefern; nichts anderes kam in den Genuss der massiven Förderungen durch das EEG. Obwohl der weitaus größte Teil des Energieverbrauchs in die Wärmebereitstellung fließt, was eine schon immer bekannte Tatsache war.
So kam es zu einer dreifachen Fehlsteuerung der Energiepolitik:
– Die Nutzung der Sonnenenergie wurde allein auf die Photovoltaik (PV) beschränkt, also auf die Nutzung allein des sichtbaren Spektrums der Sonnenstrahlung, obwohl die Sonne weit überwiegend Wärmestrahlung zu uns schickt. Die volle Einstrahlung der Sonne erreicht in Deutschland etwa 1000 Watt pro m2; eine Leistung, die fast vollständig in einem Solarkollektor in Wärme umgewandelt wird. Die stromerzeugenden PV-Module können hingegen nur etwa 12% der Sonnenenergie in Gleichstrom umwandeln. Ein erhebliches Defizit dieser Technik. Der Preis für diesen Nachteil: Sehr wenig Strom nur um die Mittagszeit und das für sehr viel Geld – außer im Winter, in dem fast gar nichts mehr kommt – siehe Abb.1.
Vergrößerung: Mausklick auf die Grafik!
Abb.1: Leistung aller deutschen Photovoltaik-Anlagen von Mitte 2010 bis Mitte 2012. Obere Begrenzung des gelben Bereichs: Installierte Gesamtleistung. Totalausfall in den Wintermonaten. Quelle: EEX
– Deutlich mehr Leistung erhält man zwar durch die Windräder – aber deren extrem starke Schwankungen, verbunden mit wiederholten Totalausfällen bei Flauten machen auch diese Technik vollkommen ungeeignet für die Stromversorgung eines Industrielandes. Zudem stellen die physikalisch bedingten Fluktuationen eine zunehmende Gefährdung der Netzstabilität dar. Und Speicher, die diese Schwankungen von Wind- und Solarstrom ausgleichen könnten, gibt es weder heute noch in ferner Zukunft.
– Die Nachteile des großflächigen Anbaus von Energiepflanzen sind oft eingehend beschrieben worden: Eine Verseuchung des Grundwassers durch Überdüngung, eine Bedrohung der Artenvielfalt durch die Silomais-Monokulturen, eine Verdrängung des konventionellen Ackerbaus durch die inzwischen für Landwirte unbezahlbaren Pachtpreise, die eine logische Folge der Subventionierung dieser absurden Energiepolitik sind. Aber zu diesen Nachteilen, zu denen auch ein kläglicher Energieertrag pro Fläche gehört, musste gemäß der Strom-über-alles-Doktrin auch noch die verlustreiche Verstromung des „Biogases“ Methan kommen, das man – wenn man es denn schon hat – ohne die verlustreiche Verstromung direkt in das Gasnetz einspeisen müsste.
– Eine Konsequenz dieser Strom-Doktrin, die mit seriöser Energiewirtschaft nichts zu tun hat, war die Vernachlässigung der Solarthermie zur Wärmebereitstellung für Gebäude. Bescheidene Förderprogramme zeigten chaotische Schwankungen, meist wegen Mittelknappheit, und ließen der Branche keinerlei Entwicklungschancen. Derzeit werden fast nur Kleinanlagen für eine eher geringe Warmwasserversorgung von Einfamilienhäusern verkauft; deren bescheidener Absatz sank sogar noch 2013 (10).
Vergrößerung: Mausklick auf die Grafik!
Abb, 2: Die Wärmebereitstellung aus erneuerbaren Energien bis 2013. Die Solarthermie (gelb) hatte daran 2013 einen Anteil von nur 4 %; dieser Anteil stagniert seit 2011. Bezogen auf den Gesamt-Wärmeverbrauch sind es 0,36 %. Quelle: BDEW 2014 (1)
In der Abb.2. ist die Entwicklung der Solarwärmenutzung als Teil der Wärmenutzung aller erneuerbaren Energiearten seit 1990 dargestellt. Sie ist mit gerade 4% weiterhin zu einem Nischendasein selbst innerhalb der Erneuerbaren Energien verurteilt und stagniert sogar in den letzten 3 Jahren.
Alle „Erneuerbaren“ trugen 2013 nur 9,1% zum gesamten Wärmeverbrauch bei (im Vorjahr waren es noch 9,4%) – somit betrug 2013 der Beitrag der Solarthermie am Gesamt-Wärmeverbrauch 4% von 9,1% = 0,36 %.
Im Verhältnis zu der enormen Förderung der vom EEG begünstigten Stromerzeugungstechniken ist die Solarwärme praktisch nicht existent – sie wird von der Energiepolitik ignoriert.
Wenn man die überreichliche Sonnenwärme nutzen würde, braucht man sich keineswegs auf die kleinen Solarkollektoren auf den Dächern von Einfamilienhäusern zu beschränken.
Neben dem oben erwähnten Vorteil der nahezu vollständigen Umwandlung der Solarstrahlung in Wärme stellt die bequeme und bei Bedarf auch langfristig konzipierbare Speichermöglichkeit der Wärme einen entscheidenden Vorteil der thermischen Sonnenenergienutzung dar.
Diese Speicherung kann sowohl langfristig als auch im größten Maßstab erfolgen und damit besteht die Möglichkeit, die Energie der Sonnenstrahlung im Sommer und Herbst aufzufangen, sie in Langzeitspeichern zu sammeln und sie dann zumindest während mehrerer Monate der Winterperiode für die Heizung bereitzustellen.
Für die Photovoltaik wäre das völlig unmöglich, da es dafür weder ausreichende noch bezahlbare Stromspeicher gibt. Diese Sammlung und langfristige Speicherung der Sonnenwärme ist keine Zukunftsmusik; sie ist längst erfolgreich demonstriert worden (2; 3; 8).
Die Entwicklung großer Solarthermieanlagen begann gegen Ende der 70er Jahre in Schweden und England. In den folgenden Jahren wurde diese Technik ist in einer Reihe von Versuchsanlagen in Deutschland, Dänemark, Schweden, der Schweiz und Östereich verwirklicht, wobei die damit gesammelten Erfahrungen sehr positiv waren.
Aus dem umfangreichen Bericht des AEE-Instituts for Sustainable Technologies über das EU-Projekt “High-Combi” (3) kann man folgenden Kernsatz entnehmen: “Die praktischen Erfahrungen aus den letzten 25 Jahren demonstrieren, dass die jahreszeitliche Wärmespeicherung in Tanks oder Gruben unterhalb der Erdoberfläche technisch machbar ist.” Weiterhin hat man festgestellt, dass die erarbeiteten Berechnungsmethoden für solche Speicher sehr zuverlässig die nach der Errichtung gemessenen Leistungsziffern und Kosten abschätzen können.
Was inzwischen anscheinend in Vergessenheit geriet: Deutschland war bei den Ländern, die diese Technik erprobten, recht erfolgreich dabei. Allein in Deutschland sind 9 Anlagen in der Speicherkonfiguration “Tank”, 5 in der Konfiguration “Grube”, 3 als Bohrloch-Speicher und 2 als Aquifer-Speicher errichtet worden; mit Speichervolumina von 300 bis 63.360 m3. Auch wurden verschiedene Speichermedien angewendet: Wasser, Kies plus Wasser, Sand und Erde plus Wasser; ferner wurden die verschiedensten Materialien für die Abdichtung und Wärmeisolierung untersucht. Forschungsinstitute planten und begleiteten die Arbeiten – weshalb dort ein großer Erfahrungsschatz vorliegt, der ohne weiteres von interessierten Kommunen genutzt werden kann. Besichtigungen eingeschlossen.
Die in Deutschland errichteten Jahreszeit-Solarwärmespeicher sind (Ort – Jahr der Fertigstellung – Speichervolumen in m3):
Stuttgart – 1985 –1.050 m3 ; Chemnitz – 1997 – 8.000 m3 ; Augsburg – 1997 – 6.000 m3 ; Steinfurt – 1999 – 1.500 m3 ; Eggenstein – 2007 – 4.500 m3 ; Neckarsulm – 2001 – 63.360 m3 ; Rottweil – 1994 – 600 m3 ; Hamburg – 1996 – 4.500 m3 ; Friedrichshafen – 1996 – 12.000 m3 ; Hannover – 2000 – 2.750 m3 ; Attenkirchen – 2002 – 10.500 m3 ; Crailsheim – 2008 – 37.500 m3 ; München – 2006 – 6.000 m3 ; Rostock – 2000 – 20.000 m3 .
Die kostengünstigsten Speicher – bezogen auf einen gespeicherten Kubikmeter Warmwasser – sind die in Rostock (ein Aquifer-Speicher) und Crailsheim (ein Bohrloch-Speicher) mit jeweils 50 €/m3; der riesige Bohrloch-Speicher von Neckarsulm liegt bei ca. 90 €/m3. Daraus kann man den beträchtlichen Kostenvorteil der Großspeicher gegenüber einzelnen Hausanlagen ersehen.
Die folgenden Fotos zeigen einige dieser verwirklichten Pilotprojekte.
Vergrößerung: Mausklick auf die Grafik!
Abb. 3: Die große Solarthermie-Anlage in Crailsheim nutzt die Böschung eines Lärmschutzwalls für die Kollektoren. Der Erdspeicher hat mit 37.500 m3 ein enormes Volumen. Quelle: High-Combi-Report (3 )
Vergrößerung: Mausklick auf die Grafik!
Abb. 4: Solarthermie-Großanlage in einem Neubauviertel Hannovers. Kollektorfelder auf den Dächern, z.T.im Bau. Unterirdischer Speichertank „.STES.“ rechts oben im Bild. Quelle: High-Combi-Report (2)
Vergrößerung: Mausklick auf die Grafik!
Abb. 5: Speichertank der Anlage in Hannover – Volumen 2750 m3 – während des Baus. Quelle: High-Combi-Report (2)
Vergrößerung: Mausklick auf die Grafik!
Abb. 6: Mehrfamilienhäuser mit Solarthermie-Kollektoren in Rostock. Unterirdischer Aquifer-Speicher mit großem Volumen von 20.000 m3. Zusatzheizung mit Wärmepumpen Anlage. Quelle: High-Combi-Report (2)
Vergrößerung: Mausklick auf die Grafik!
Abb.7: Solarthermie-Anlage in Steinfurt-Borghorst.. Der Erdspeicher (STES) ist rechts im Bild. Quelle: High-Combi-Report
Hier befindet sich ein riesiges, in Deutschland noch unerschlossenes Potenzial an einer günstigen und dazu noch umweltfreundlichen Energieversorgung, mit der die daran beteiligten Nutzer bis zur Hälfte des Jahres-Erdgas- oder Mineralölverbrauchs ersetzen könnten. Aber diese Technik führt ein Schattendasein. Der Bundesverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik (BDH) kritisiert das immer wieder, wie die Aussage von BDH-Präsident Klaus Jesse anlässlich der 4. Deutschen
Wärmekonferenz 2011 zeigt: “Volatile Energiepreise, eine unstete Förderung und die zu starke Konzentration der Energie- und Umweltpolitik auf das Thema Strom behindern den energetischen Modernisierungsprozess im Wärmemarkt”.
Im Betrachtungszeitraum 2001 bis 2010 gab es insgesamt 16 Änderungen bei den Förderkonditionen. Die Mitarbeiter der Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V. in München haben in mühevoller Kleinarbeit diese Daten rekonstruiert – und das Ergebnis ist für die staatlichen Institutionen nicht gerade schmeichelhaft:
“Eine geschlossene Darstellung der Entwicklung des deutschen Solarthermiemarktes im Zusammenhang der förderpolitischen Rahmenbedingungen fehlt bis heute”. (R. Conradini, Chr. Musso: “Motor und Bremse für den Kollektorausbau” (10). Nicht zuletzt dieses Förderchaos führte schließlich dazu, dass der Absatz der Solarthermie-Hersteller 2010 auf etwa ein Fünftel des Absatzes von 2008 einbrach.
Die großen kommunalen Solar-Heizwerke hätten zusammen mit den übrigen Varianten der Wärme-Nahversorgung in den Fokus einer Energiepolitik gehört, die sich über den Sinn, den Nutzen – insbesondere auch den Umweltnutzen – und über die Kosten der geförderten Techniken vorher einige Gedanken gemacht hätte. Das Ignorieren der einzigen Möglichkeit, die Sonnenenergie im großen Maßstab sinnvoll und kostengünstig (s.u.) und daher mit erheblichem Nutzen für die Bürger zu erschließen, gehört leider zum langen Katalog des Regierungsversagens in der Energiepolitik (11).
Das dänische Beispiel Dänemark hat sich im Gegensatz zu den anderen Ländern, die die o.e. Pilotanlagen bauten, konsequent für die Nutzung der solarthermischen Nah- und Fernwärme (SDH – Solar District Heating) im großen Stil entschieden. Seit 1987 ist eine große Zahl von SDH-Anlagen überall im Lande in Betrieb und es bestehen günstige Bedingungen für die Errichtung einer noch größeren Anzahl dieser Systeme. Eine Analyse der Voraussetzungen und der Markt-Hindernisse in den europäischen Ländern gibt der Bericht von Dalenbäck und Werner (5).
Die Autoren betonen, dass es in Dänemark keine spezifische Unterstützung für Solarwärme gibt; dennoch haben SDH-Anlagen im Fernwärmesektor, der dort 50% des Wärmebedarfs abdeckt (Tschechien 30%, Deutschland und Östereich 15%), eine große Beachtung gefunden. Als hauptsächliche Antriebsfaktoren für diese Entwicklung nennen sie Niedrigpreis-Zeiten für Strom – wenn die Fernwärme abschaltet – sowie hohe Betriebskosten von Erdgas-Heizkesseln zu Zeiten ohne diese Fernwärme.
Vergrößerung: Mausklick auf die Grafik!
Abb.8: Luftaufnahme der Speicheranlage in Marstal/DK. Der blaue Kreis markiert die Position der mit Wasser gefüllten 10.000 m3 -Speichergrube, die durch einen schwimmenden Deckel thermisch isoliert ist. Quelle: Leo Holm (4)
Die SHD-Systeme sind normale Bestandteile in kleinen bis mittelgroßen Fernheizsystemen geworden. Die Wärmeverteilsysteme sind zumeist neu und direkt mit den Heizsystemen in den Gebäuden verbunden, was zu niedrigen Rücklauftemperaturen von <50oC und manchmal auch <40oC führt.
Das sind im europäischen Vergleich exzellente Werte – sehr günstig für die Solarthermie – und sehr viel besser als die Werte in Deutschland, das mit typischen Rücklauftemperaturen seiner offenbar recht alten Fernheiznetze von 60oC bis >70oC das Schlusslicht ist.
Das Entwicklungstempo und das bereits Erreichte wird durch folgende Zahlen veranschaulicht (6):
- Ist 2013: 0,52 Millionen m2 Solarthermie-Kollektorfläche
- Planung für 2020: 4,0 Mio m2 – das liefert 1,7 TWh und damit 5% des dänischen Wärmebedarfs (1 TWh = 1 Terawattstunde = 1 Milliarde Kilowattstunden kWh)
- Planung für 2030: 8,0 Mio m2 = 2,7 TWh und damit 10% des Landesbedarfs;
- Planung für 2050: ……………… 7,0 TWh = 40% des dänischen Wärmebedarfs.
Dänische Betriebserfahrungen:
Kosten der Solarwärme:
Die solarthermischen Gro0anlagen liefern den Verbrauchern Heizwärme zu außerordentlich günstigen Kosten: 3 – 4 Euro-Cent/kWh……zum Vergleich: Erdgaspreis Deutschl.: ca. 6,5 Cent/kWh. Wartungskosten: 0,05 Cent/kWh.
Diese Kosten (Beispiel SDH-Anlage Marstal) enthalten auch die Zinsen für einen 20-jährigen Kredit.
Es gibt keinerlei Subventionen vom Land.
Vergrößerung: Mausklick auf die Grafik!
Abb. 16: Energieplan 2012 für das Solarthermie-Heizsystem in Dänemark. Bestehende Systeme: Gelb-rot. In Planung: Blau. Zahlenangaben: Kollektorflächen in m2. (4; 6; 7)
Mehrfach wurde eine technische Besonderheit angewendet: In der SDH-Anlage in Marstal wird – ebenso wie in Rostock – eine Wärmepumpe zur Verbesserung der Anlagenleistung eingesetzt. Die 1,5 MW-Wärmepumpe in Marstal wird immer dann in Betrieb genommen, wenn die Stromtarife durch hohe Windkraft-Einspeisungen sehr niedrig sind. In diesen Zeiträumen wird die Wärmepumpe dazu genutzt, um die niedrigen Temperaturen des Speichers auf die Wärmenetz-Temperatur von 74oC anzuheben. Das optimiert das Strom- und Wärmemanagement und erhöht die Effizienz des Erdbeckenspeichers deutlich, da mit der Wärmepumpe das Temperaturniveau in der kälteren Zone am Speicherboden auf unter 10oC abgesenkt werden kann (6).
Diese Verwendung des überschüssigen Windstroms, der in Deutschland oft verschenkt oder sogar zu „negativen Preisen“ – im Klartext: mit Zuzahlungen an den Abnehmer – in das Ausland geliefert werden muss, ist intelligenter und sinnvoller, weil damit ein Nutzen verbunden wird.
Sie ist auch erheblich sinnvoller und in der Energiebilanz besser als die neuerdings in Deutschland begonnene Praxis, die alte Nachtspeicherheizung mit überflüssigem Windstrom in Deutschland wieder aufleben zu lassen.
Die Wärmepumpe geht mit dem Überschuss-Windstrom wesentlich rationeller um: Sie produziert – im Gegensatz zur Elektroheizung – mit jeder elektrischen Kilowattstunde 3 bis 4 Wärme-Kilowattstunden für das Nah- bzw. Fernwärmenetz.
Das chinesische Beispiel
Der dänische Wirtschaftswissenschaftler Björn Lomborg hat in einem lesenswerten Artikel (9) die Art und Weise beschrieben, in der China die Wind- und Solarenergie nutzt.
Zitat:
„Der Wind macht nur 0,2 Prozent von Chinas elektrischer Energie aus, und auf die Sonne entfallen 0,01 Prozent. Zugleich stehen auf Chinas Dächern 68 Prozent der weltweiten Solaranlagen zur Warmwassergewinnung, weil dies eine preiswerte Technologie ist. Sie braucht keine Subventionen und produziert 50-mal mehr Energie als sämtliche chinesischen Solarzellen.“
China hat sich somit frühzeitig für die Nutzung der Sonnenwärme entschieden. Die Enge und der Platzmangel in den Großstädten Chinas führten zwangsläufig zu der Nutzung der Dachflächen.
Die deutsche Politik vernachlässigt die Solarthermie
Die Betrachtung der Situation Deutschlands führt zu teils viel versprechenden, teils negativen Ergebnissen, wobei die letzteren ausschließlich durch die Regierungspolitik bestimmt werden.
- Die geografische Situation führt zu besseren Bedingungen für Solarthermie als in Nordeuropa.
- Sowohl das technische Wissen als auch die praktischen Erfahrungen mit den zahlreichen Pilotanlagen in Deutschland stellen eine wichtige Voraussetzung für weitere Projekte dar. Das genügt leider nicht (s.u.).
- Die bewiesenen niedrigen Kosten, die deutlich unter den heutigen Kosten für Erdgas liegen, würden das Interesse von Investoren, Kommunen und Nutzern wecken. Die Tatsache, dass diese Technik ohne Subventionen auskommt, würde die Akzeptanz fördern.
- Der Bericht über die Markthindernisse in Deutschland (5) stellt dagegen trocken fest, dass es dort zwar eine generelle Unterstützung für die „Erneuerbaren“ und für Solarwärme gibt, jedoch nicht in Bezug auf solarthermische Nah- und Fernwärme (SDH).
- Als weiteres Hindernis nennt der Bericht die Knappheit an verfügbaren Flächen für Solarkollektoren (siehe dazu unten die Beschreibung der Dächer-Konkurrenz).
- Ferner wird das Fehlen von Kapazitäten für die Planung, das Design und die Konstruktion von SDH-Anlagen konstatiert.
- Die für die Solarthermie ungünstigen hohen Rücklauftemperaturen existierender alter Fernwärmenetze stellen ein erhebliches Effizienzrisiko bei der Einspeisung von Solarwärme dar.
- Eine Konsequenz dieser Faktoren ist die Errichtung von SDH-Anlagen (zunächst) nur in Siedlungs-Neubaugebieten.
- Eine weitere Konsequenz ist die Nutzung von Dachflächen für die Kollektoren – siehe das Rostocker und das Hannoveraner Beispiel (Abb. 4, 6 und 7).
- Aber gerade bei dieser notwendigen Fokussierung auf Dachkollektoren kommt eine verhängnisvolle Auswirkung der Regierungspolitik zur Geltung: Die ins Extreme getriebene Subventionierung der Photovoltaik hat zahllose geeignete Süd-Dachflächen von Gebäuden in Deutschland mit chinesischen Solarpanels – die China selbst nicht für sinnvoll hält (9) – „vollgepflastert“. Mit der für 20 Jahre gesetzlich garantierten Einspeisevergütung für den Solarstrom stehen diese Flächen noch auf lange Zeit nicht für die Solarthermie zur Verfügung. Damit würde die Ausrüstung auch älterer Bestandsgebäude einer Siedlung mit Kollektoren für eine gemeinsame SDH-Anlage faktisch unmöglich.
Eine darauf beruhende Energiepolitik für Deutschland könnte dann 2010 folgende Pläne enthalten haben: Als wichtigster Sektor mit dem höchsten Energiebedarf wird der Wärmemarkt anerkannt. Die Haus- und Raumheizung belastet die Haushalte finanziell erheblich. Folglich wird dafür gesorgt, dass zusätzlich zu den herkömmlichen Methoden der Wärmebereitstellung eine sie ergänzende und sie teilweise ersetzende, sichere, preisgünstige und die Umwelt möglichst wenig belastende Energieversorgung für diesen Sektor gewährleistet wird. Um das zu erreichen, werden folgende Möglichkeiten bevorzugt:
– Modernisierung von Heizungsanlagen (Brennwerttechnik)
– Wärmepumpen zur Nutzung oberflächennaher Erdwärme (=Sonnenwärme)
– Solarthermie. Hier ist insbesondere das Beispiel Dänemarks zu berücksichtigen.
– Pelletheizungen müssten wegen ihrer hohen Feinstaubemissionen und des durch sie verursachten Nachfragedrucks auf Holz neu bewertet werden.
Eine besondere Bedeutung kommt der staatlichen Förderung von Forschung und Entwicklung zu.
Die folgenden Techniken zur Bereitstellung von Wärme sollten dabei eine bevorzugte Stellung bekommen:
- Techniken für die Großserienproduktion von Solarwärmekollektoren – insbes. Senkung der Herstellungskosten
- Verbesserte Solar-Vakuum-Kollektoren
- Kombinierte Solar-Photovoltaik- und Wärmekollektoren
- Verbesserte Gas- und Elektrowärmepumpen
- Wärmespeicher für Einfamilienhäuser (Latentwärmespeicher)
- Erdwärmetauscher für Kühlung und Heizung
- Nutzung der bestehenden Abwasserkanäle als Erdwärmetauscher für Wärmepumpen
- Verbesserung der Effizienz und Senkung der Kosten für Nah- und Fernwärmesysteme
- Unterirdische Wärme-Saisonspeicher für Siedlungen
- Industrielle Wärmespeicher sowie Wärmetransportsysteme; insbesondere transportable Hochtemperatur-Wärmespeicher
Die ideologisch festgelegte Energiepolitik hat allerdings mit ihrer extremen Förderung der teuersten und ungeeignetsten Technologie unter allen „Erneuerbaren“ die Verbreitung und Etablierung der kostengünstigsten und zudem auch umweltfreundlichsten Technik der Sonnenenergienutzung große Hindernisse in den Weg gelegt.
Weder bei der Bundesregierung noch bei den Landesregierungen ist in absehbarer Zeit eine Politik nach dänischem Vorbild absehbar oder vorstellbar. Es kommt allein auf die Kommunen an. Sie müssten derartige Initiativen selbst in die Hand nehmen.
Quellen:
(1) BDEW: „Erneuerbare Energien und das EEG: Zahlen, Fakten, Grafiken (2014)“, 24.2.2014, http://www.bdew.de/internet.nsf/id/DE_Erneuerbare-Energien
(2) AEE INTEC: “High-Combi. High Solar Fraction Heating and Cooling Systems with Combination of Innovative Components and Methods”, Bericht über die Pilotprojekte in Europa und das EU- Programm High Combi: www.highcombi.eu ;
(3) Günter Keil: “Eigenständige kommunale Energiepolitik”, „Das Rathaus“, Organ liberaler Kommunalpolitiker, Heft 3, Mai/Juni 2012
(4) Leo Holm, Marstal Fjernvarmen DK: „Long Term Experience with Solar District Heating in Denmark”, 2010, http://www.fjernvarmen.dk/Faneblade/ForskningFANE6/FogU/…/media/FogU%20Konto/ 2010-02%20VarmeplanDanmark2010Hovedrapport.ashx
(5) Jan-Olof Dalenbäck, Sven Werner; CIT Energy Management AB: „Solar District Heating: Boundary Conditions and Market Obstacles“, WP2-European Macro Analysis, Feb. 2011; http://www.solar-district-heating.eu/Portals/SDH-WP2-D2-BoundaryCond-Aug2012.pdf
(6) Leo Holm: “Die größte Solarthermieanlage Europas“, Arbeitsgemeinschaft Erneuerbare Energie Dachverband (Östereich), 2012, http://www.aee.at/index.php?option=com_content&view=article&id=23&Itemid=113
(7) Projekt-Homepage der Marstal Fjernvarmen: www.sunstore.dk/
(8) Projekt-Homepage der EU: www.solar-district-heating.eu/
(9) Björn Lomborg: „Wind allein reicht nicht“, DIE WELT, 28.8.2013, http://www.welt.de/print/die_welt/debatte/article119451800/Wind-allein-reicht-nicht.html
(10) R. Conradini, Chr. Musso: “Motor und Bremse für den Kollektorausbau”, BWK Bd. 63, 2011
(11) Günter Keil: „Energiewende: Der Katalog des Versagens“, 14.1.2015, http://www.eike-klima-energie.eu/news-cache/energiewende-der-katalog-des-versagens/
Sankt Augustin, 2.2.2015