In dem im November 2016 vom Bundeskabinett beschlossenen Klimaschutzplan 2050 heißt es: „Die deutsche Klimaschutzpolitik orientiert sich am Leitbild einer weitgehenden Treibhausgasneutralität. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer schrittweisen Abkehr von der Verbrennung fossiler Energieträger bis 2050.“
Diese Zielsetzung ist mit der gleichwertigen Erfüllung der Maßstäbe Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit bei der Stromversorgung nicht zu erreichen. Nach dem Ausstieg aus der Kernenergie nunmehr auch auf konventionelle Kraftwerke zu verzichten, würde die sichere Stromversorgung erheblich gefährden. Die regenerativen Energien werden, solange keine geeigneten Stromspeicher existieren – und das wird auf absehbare Zeit der Fall sein – Kohle und Gas nicht ersetzen können.
Vor diesem Hintergrund gewinnt ein von Foratom bei FTI-Compass Lexecon Energy Consulting in Auftrag gegebener Bericht*) mit dem Titel „Pathways to 2050“ fundamentale Bedeutung. Darin heißt es zusammenfassend:
Es wird erwartet, dass die Europäische Kommission in ihrer am 28. November zu verabschiedenden Strategie zur langfristigen Verringerung der Treibhausgasemissionen der EU bis 2050 ein starkes Dekarbonisierungsziel von bis zu 95% vorsieht. Das bedeutet, dass „die Kernkraft weiterhin mindestens ein Viertel des Energiemixes der Europäischen Union ausmachen muss, wenn die Region ihre Missionsziele für 2050 erreichen soll.“
Untersucht wurde der potentielle Beitrag der nuklearen Stromerzeugung anhand von drei Szenarien der Nuklearkapazität: niegrig (36 GWe), mittel (103 GWe) und hoch (150 GWe). Wie Foratom ausführte, seien die Szenarien darauf ausgelegt, eine Reihe möglicher zukünftiger Entwicklungen für Kernkraft in Europa abzudecken. Jedes Szenario geht von einer Dekarbonisierung des Energiemixes um 95% im Jahr 2050 im Vergleich zu 1990 sowie einem Anstieg der Stromnachfrage von derzeit 3100 Terawattstunden (TWh) auf etwa 4100 TWh aus.
“Die Dekarbonisierung des europäischen Energiemixes bis 2050 bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit erfordert die Mobilisierung aller kohlenstoffarmen, sicheren und kosteneffizienten Stromerzeugungsquellen”, so die Studie. “Ein effizienter Übergang des Energiesektors hin zu kohlenstoffarmen Technologien muss sowohl den CO2-Ausstoß als auch andere Umweltauswirkungen berücksichtigen, darunter Luftverschmutzung, Auswirkungen auf die Landnutzung und die Ressourcennutzung.” Die Studie kommt zu dem Schluss, dass der fortgesetzte Betrieb der bestehenden europäischen Kernkraftwerksflotte kurz- bis mittelfristig dazu beitragen wird, die Emissionsziele zu erreichen. Längerfristig kann die Kernenergie verschiedene erneuerbare Energiequellen unterstützen, indem sie “dem System nachweisliche, kohlenstofffreie, zuverlässige Energie und Flexibilität bietet und die Abhängigkeit des Systems von noch nicht nachgewiesenen Speichertechnologien verringert”.
Die Studie belegt weiterhin, dass der Nuklearneubau “signifikante Kostensenkungen erreichen muss, um auf den liberalisierten europäischen Strommärkten erfolgreich zu sein”. Darüber hinaus “ist die rechtzeitige Entwicklung von Speichertechnologien, einschließlich der Senkung ihrer Kosten und / oder des flexiblen Betriebs von Nuklearanlagen, von entscheidender Bedeutung, um die Komplementarität der nuklearen und variablen erneuerbaren Energien sicherzustellen.” Der Strommarkt sollte so konzipiert sein, dass er den “Systemwert zuverlässiger und flexibler Ressourcen” belohnt und stabile langfristige Anlagesignale liefert. Die 128 Kernreaktoren (mit einer Gesamtkapazität von 119 GWe), die in 14 der 28 EU-Mitgliedstaaten betrieben werden, machen derzeit über ein Viertel der in der gesamten EU erzeugten Elektrizität aus. Der Anteil der Atomkraft macht 53% des CO2-freien Stroms der EU aus.
Am 29. November 2018 bestätigte die Europäische Kommission**), dass die Atomkraft zusammen mit den erneuerbaren Energien das Rückgrat eines kohlenstofffreien europäischen Stromsystems bilden wird. Da jeder Mitgliedstaat seinen eigenen Energiemix frei wählen kann, unterstreicht die Kommission, dass diejenigen, die in Atomkraft investieren, sich darin einig sind, dass sie zur Sicherheit der Energieversorgung, zur Wettbewerbsfähigkeit und zur saubereren Stromerzeugung beitragen können.
*) https://www.euractiv.com/section/energy-environment/opinion/nuclear-must-account-for-one-quarter-of-energy-mix-to-ensure-europe-meets-2050-low-carbon-targets/
**) https://www.foratom.org/press-release/eu-confirms-nuclear-as-backbone-of-2050-carbon-free-europe/