Die Würfel sind gefallen: Die Kohlekommission hat sich für den Ausstieg aus der Kohlekraftwerksnutzung ausgesprochen. Nicht sofort, aber mittelfristig. Der genaue Zeitplan liegt noch nicht fest. Damit ist der erste Schritt auf dem Weg zur politisch angestrebten Decarbonisierung vollzogen worden, das bedeutet den vollständigen Verzicht auf die Verbrennung jedes fossilen Energieträgers. Eine unvorstellbare Utopie, keine Kohle, kein Gas, kein Erdöl.
Der Grund: Kohlekraftwerke setzen Stoffe frei, die der Gesundheit schaden können. Staub, Ruß und Asche, Schwefeloxide und Stickoxide in der Luft sind es, die bei mangelnder Abgasreinigung vor allem Bewohner in Kraftwerksnähe belasten. CO2 soll einen Klimawandel herbeiführen.
Kampf gegen die Kohle
„Kohlekraftwerke stehen auf der Hassliste der Grünen ganz oben“, schreibt Horeis in seiner Analyse [1]. Für sie sind Kohlekraftwerke „Dreckschleuder“, ganz besonders Braunkohlekraftwerke. Kohle sei „schmutzig“, sei umweltschädlich, egal, ob sie in alten oder in modernen Kraftwerken brennt. Der große Feind unter all den Stoffen, die dabei freigesetzt werden, sei das Kohlendioxid. Horeis weiter: „Grüne geben diesem Gas die Alleinschuld an der globalen Erwärmung. Für sie ist es ein „Luft verpestender Schadstoff“, ein „tückisches Gas“. „Mehr Kohlendioxid in der Atmosphäre, so die herrschende Meinung, führe zu einer katastrophalen weltweiten Erwärmung. Schuld trage der Mensch, denn schließlich sorge dieser mit seinen industriellen Aktivitäten für immer mehr CO2 in der Luft. Die Idee von der „menschengemachten globalen Erwärmung“ ist inzwischen tief in die Poren der Industriegesellschaften eingesickert. In Politik und Medien ist sie ein nicht mehr zu hinterfragender, faktenresistenter Glaubenssatz. Daran zu zweifeln gilt als Sakrileg“ [2].
„Selten hat man einem Stoff so viel Unrecht getan. Kohlendioxid ist ein lebensfreundliches Gas, unsichtbar, geruchlos, ungiftig, auch in hoher Konzentration nicht gesundheitsschädlich. Kohlendioxid ist Pflanzennahrung, unerlässlich für die Photosynthese und damit für das Leben auf der Erde. Mit schlechter Luft und Smog hat Kohlendioxid nichts zu tun. Es sind Feinstaub, Schwefeldioxid und andere Stoffe, die (…) das Leben schwer machen können. Diese Stoffe und nicht das Kohlendioxid bilden das aktuelle Problem. Und das kann man weitgehend lösen“ [1].
Und müssen auch gelöst werden, denn Kohle ist unersetzlich. „Kohle sorgt für eine verlässliche Stromversorgung im Land der Energiewende. Kohle beseitigt Armut in den sich entwickelnden Ländern. Kohle liefert den Strom, den zusätzliche zwei Milliarden Menschen bis zur Jahrhundertmitte benötigen“, lässt Horeis [2] die Kritiker der Kohle wissen. „Mehr Wertschätzung für den schwarzen Brennstoff wäre angebracht. Doch gerade in den reichen Ländern, die durch Kohle groß geworden sind, ist das Gegenteil der Fall: Umweltverbände laufen Sturm gegen alte und neue Kohlekraftwerke. Stadträte kippen den Bau längst projektierter Anlagen. Der Chefredakteur des Magazins Solarpraxis räsoniert über „menschenfeindliche Kohle“, Greenpeace reimt „Tod aus dem Schlot“ und für den Amerikaner James Hansen – Planetenforscher, Klimaaktivist und ehemaliger Berater Al Gores – ist Kohle „die mit Abstand größte Bedrohung für die Zivilisation und alles Leben auf der Erde“. Kohlekraftwerke bezeichnet er als„Todesfabriken“ und die Züge, die den Brennstoff anliefern, als „Todeszüge““.
„Folgt man Al Gore, schreibt Horeis [2], so steht mit dem „menschengemachten katastrophalen Klimawandel“ die Zukunft unseres Planeten auf dem Spiel. Wenn es so schlimm ist, wieso hat man dann nicht schon längst auf die wirksamste Technologie zur CO2-Vermeidung gesetzt – auf die Kernenergie? Warum gehen Non-Govermental Organisations (NGOs) und Grüne massiv gegen Kohle vor, selten aber gegen Öl und Erdgas? Warum hat der Sierra Club, die größte und älteste US-amerikanische Umweltgruppe, zwischen 2007 und 2010 über 25 Millionen US-Dollar von der Erdgasindustrie erhalten – zur Finanzierung der Kampagne Beyond Coal“(„Jenseits der Kohle“)? [3]
„Die Drohung mit dem Klimawandel, so scheint es, lässt sich vielfältig für diverse Eigeninteressen einsetzen. Klimawandel ist eine profitable Geschäftsgrundlage von NGOs und Umweltgruppen, gibt den globalen Klimabürokraten üppige Pfründe, hilft (oder schadet) im Wettbewerb der verschiedenen Energietechnologien. Nicht zuletzt dient die Drohung mit dem Klimawandel als Waffe, um die sich entwickelnde Welt klein zu halten“. [2]
Die Strategie dahinter, dem Bürger Angst zu machen, damit er ihrer politischen Ideologie folgt. Doch unübersehbar ist, trotz aller angeblich lebensverkürzenden „gefährlichen“ Technologien ist im Kohlezeitalter die durchschnittliche Lebenserwartung stetig gestiegen. Und sie nimmt weiter zu, gerade auch wegen verlässlicher Energiequellen wie Kohle.
Trotz zweifellos weltweit erheblichen Ausbaus der regenerativen Energien bleiben die fossilen Energien an der globalen Primärenergieversorgung weiterhin dominant, wie die Abbildung zeigt (Quelle: Infosperber.CH):
„Wer angesichts dieser Größenordnung meint, man könnte den Riesenbatzen an fossiler Energie, den der Mensch täglich nutzt, durch Energie aus ineffizienten erneuerbaren Quellen wie Sonne, Wind und Biomasse ersetzen, der irrt gewaltig. Es gibt zwei fundamentale Gründe dafür, warum grüne Energiequellen nicht für eine zuverlässige und billige Energieversorgung taugen: ihre geringe Leistungsdichte und ihr schwankendes Aufkommen.
Diese grundlegenden Mängel lassen sich durch Forschung nicht abstellen, höchstens durch teure „Krücken“ wie Energiespeicher lindern. Diese Mängel sind der Grund dafür, dass Solarzellen und Windräder letztlich ungeeignet sind, um Stromnetze zuverlässig zu beliefern. Sie können einen Beitragleisten – aber warum sollte man dafür teure Energiequellen nehmen? – oder sie könnten Regionen mit Strom versorgen, die noch an kein Netz angeschlossen sind.Alles andere ist Geldverschwendung bzw. Geldumverteilung“. [2]
Zahlreiche Studien belegen die Ineffizienz der grünen Energien. Hier sind zwei der letzten Zeit: Ein Autor der Washingtoner Brookings Institution suchte den „besten Weg zu einer kohlenstoffarmen Zukunft“. Ergebnis: Verglichen mit Strom aus Kernreaktoren, großen Wasserkraftwerken und Erdgas sind Wind- und Solarstrom ein „sehr teurer und ineffizienter Weg zur Senkung der CO2-Emissionen“[4]. Das Center for Global Development hat untersucht, wie man am wirksamsten Armut verringert: grün oder fossil. Investierte man zehn Milliarden Dollar in Solar- und Windstromerzeuger, so die Autoren, ließen sich damit 20 bis 27 Millionen Menschen versorgen. Für den gleichen Geldbetrag gebaute Gaskraftwerke lieferten allerdings Strom für 90 Millionen Menschen![5]. Mit Erneuerbaren bleiben also 70 Millionen Menschen im Dunkeln.
Bereits auf der Klimakonferenz in Kopenhagen in 2009 haben China und Indien verhindert, dass ihre Volkswirtschaften internationalen Emissionskontrollen unterstellt werden – jetzt und in der Zukunft. Beide Länder setzen weiterhin auch auf Kohle, wie ihr beträchtlicher Ausbau der Kohlekraftwerke belegt [6]. Die USA haben mit Präsident Trump aus den Vereinbarungen der 21. Weltklimakonferenz 2015 in Paris einen Rückzieher gemacht.
„Deutschland treibt den Ausstieg voran – doch weltweit boomt die Kohle“, schrieb das Handelslatt am 19.2.2019. „Weltweit ist ein Kohleausstieg überhaupt nicht in Sicht. Die 120 größten Kohlekonzerne haben aktuell knapp 1.400 neue Kraftwerke in 59 Ländern in Planung oder sogar schon im Bau. Damit kämen neue Kapazitäten von gut 670 Gigawatt dazu. Das entspricht einem Drittel der aktuell installierten Kapazitäten. Werden alle Projekte verwirklicht, ist das globale Klimaziel nicht zu erreichen“.
Moderne Kohlekraftwerke
Die Zeiten, in denen die Schadstoffe aus der Kohleverbrennung ungehindert über hohe Kamine abgegeben wurden, sind längst vorbei. Die Technik der Schadstoffrückhaltung und der Wirkungsgradsteigerung hat Hervorragendes erreicht, ist aber noch nicht am Ende. Noch immer gibt es viel Raum für Verbesserungen, was von den Gegnern nicht zur Kenntnis genommen wird. Höherer Wirkungsgrad bedeutet weniger Kohle pro Kilowattstunde, weniger Transport, weniger Abgase. In Deutschland liegt der Durchschnitt des Wirkungsgrades bei 38 % [1]. Die effizientesten Kraftwerke erreichen inzwischen 45 bis 47 % und das bei einer aufwändigen Rauchgasreinigung mit einer Rückhaltung des Schwefeldioxids von 98 %, der Stickoxide von 92 % und des Quecksilbers von 90 %. Ruß und Feinstaub verbleiben zu 99,9 % in den Abgasfiltern. Horeis erhielt diese Angaben für das moderne japanische Kohlekraftwerk Isogo [1]. Auch Japan setzt inzwischen wieder verstärkt auf Fossilkraftwerke (trotz hundertprozentigen Imports der Kohle) und schränkt im Gegenzug seine Kernenergienutzung ein.
Planungen, alte Kohlekraftwerke in Deutschland durch moderne Einheiten zu ersetzen, existieren seit Jahren. Damit hätte man die Emissionen mittelfristig um bis zu 20 % senken können. Durch die Energiewende sind viele Planungen ins Stocken geraten. Bauvorhaben wurden in unserem Land durch Klagen der Kohlegegner bislang „erfolgreich“ verhindert (Stade, Datteln). Zudem wird die Wirtschaftlichkeit der Kohlekraftwerke durch erzwungene Betriebseinschränkungen, wegen vorrangiger Einspeisung des Ökostroms, stark beeinträchtigt. Die modernsten in Betrieb befindlichen Kraftwerke sind die sogenannte BoA, die Braunkohlekraftwerke mit optimierter Anlagentechnik, in Neurath und Niederaußem, deren Wirkungsgrad vom Betreiber RWE mit 43 % angegeben wird.
Noch effizienter, umweltschonender und auch kleiner als die bekannten BoA-Anlagen soll die Kraftwerksanlage „BoAplus“ werden, die für Niederaußem geplant ist. Mit einem Wirkungsgrad von über 45 Prozent wird das Kraftwerk eine neue Bestmarke aufstellen.
In zehn Jahren könnten es 50 % und mehr sein. So effizient sind heute nur Öl- und Gaskraftwerke. Die Dreckschleudern und Klimakiller von einst stehen vor einem Comeback als Leistungsträger im Energiemix. Zukünftig immer effizientere Kraftwerke mit immer besseren Schadstofffiltern.
„Wind und Sonne (nicht grundlastfähig), Öl und Gas (im Besitz von Arabern und Russen und dazu auch nicht ganz umweltfreundlich), Kernspaltung (zumindest in Deutschland politisch nicht konsensfähig und wohin mit dem Müll?) und Kernfusion (technisch in weiter Feme) haben ihre Versprechen nicht gehalten. Die Kohlevorräte reichen weit länger als die von Öl, Gas und Uran. Sie sind zudem auf der Erdkugel halbwegs gerecht verteilt, was sich konfliktmindernd auswirken könnte.“[7]
[1] Heinz Horeis, „Aufatmen dank Kohle“, Novo Argumente für den Fortschritt, 19.04.2016
[2] Heinz Horeis, „Kohle versus Klima“, Novo Argumente für den Fortschritt, 04.05.2015
[3] Bryan Walsh, „How the Sierra Club took millions from the natural gas industry – an why they stopped“, in TIME Online, 02.02.2012
[4] Charles Frank, „Why the best path to a low-carbon future is not wind or solar power“, Brookings, 20.04.2014
[5] Todd Moss/ Benjamin Leo, „Maximizing access to energy: Estimates of access and generation for overseas private investment corporation’s portfolio“, CGDEV, Januar 2014
[7] https://www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2006/gesundheitsmarkt/was-ist-eigentlich-clean-coal