Mit der Energiewende begab sich der Staat auf ein Feld, auf dem er nichts versteht

Mit der Energiewende wurde ein vom Staat vorgegebener gravierender, planwirtschaftlicher Umbau der bis dahin gesicherten Stromversorgung verfolgt. Über die Folgen für die Industrie äußerte sich der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) Ingo Kramer im Interview mit dem Bonner General Anzeiger, das am 20./21. April 2019 in der Zeitung erschien.  Kramer fällte hierin ein für den Staat und seiner für die bestehende Situation verantwortlichen Politiker desillusionierendes, fatales Urteil.

Auf die Frage, ob die Industriestrategie des Staates deutsche Unternehmen vor China und den USA schützt, gab Kramer zu verstehen, dass der Staat kein guter Unternehmer sei, so wie der Unternehmer nicht immer ein guter Politiker ist. „Der Staat muss mit der Wirtschaft arbeiten, nicht ihr aufgeben, wie sie was tun soll. Welches Dilemma entsteht, wenn der Staat sich in ein Feld begibt, von dem er nichts versteht, zeigt sich bei der Energiepolitik. Der Ausstieg aus der Kernkraft und die Förderung der regenerativen Energie im Alleingang ohne das technische Wissen der Wirtschaft und ohne europäische Nachbarn führt am Ende dazu, dass wir Windmühlen vor der Küste haben, aber keine Leitungen, die den Strom transportieren. Das ist ein Wahnsinn.

Wir sind in Europa das Land mit den höchsten Energiekosten, weil eine Energiewende an der Wirtschaft und den europäischen Nachbarn vorbei gemacht wurde. In der Folge gingen auch Hersteller der Offshore-Windmühlen reihenweise Pleite.“

Wie man aus dieser Situation wieder herauskommt, erklärte Kramer: „Wir brauchen ein Investionsbeschleunigungsgesetz für Infrastrukturmaßnahmen, das diesen Namen auch verdient, nicht nur für den Netzausbau, auch für den Autobahnbau, schnelles Internet im Weltmaßstab, Hafenausbau und alle anderen Maßnahmen, die nicht mit zehnjährigen Planungsmaßnahmen leben können. Die Wirtschaft braucht eine Politik, die zügig die Voraussetzungen für Investitionen schafft. Sie muss uns bei der Umsetzung unserer Projekte unterstützen, sollte aber zum Beispiel nicht selbst anfangen, eine bestimmte Technologie wie Batterien vorzuschreiben. Die Politik scheint uns zwingen zu wollen, als Antriebsform der Zukunft nur auf die Elektromobilität zu setzen. Die wird aber kein verlässlicher Ersatz sein können, solange wir zu wenig Lademöglichkeiten haben und zudem die Stromerzeugung auf der Stelle tritt. Ich bin unbedingt für mehr Technologieoffenheit, die allein die Zukunft sichert.“

Auf den Inhalt eines Beschleunigungsgesetzes angesprochen, meinte Kramer, als Beispiel diene das nach der Wende für die neuen Bundesländer verabschiedete Investitionsbeschleunigungsgesetz. „Wir müssen wie damals deutlich weniger Stufen mit Einspruchsmöglichkeiten gegen große Investitionsprojekte haben. Außerdem darf nicht jeder vermeintlich gemeinnützige Verein, wie zum Beispiel die Deutsche Umwelthilfe, die sich dazu von konkurrierenden Autokonzernen anderer Länder und vom Staat finanzieren lässt, in den Städten klagen und das Leben und Arbeiten der Menschen erschweren. Wir machen uns mit manchen Gesetzen die Zukunft kaputt, dafür brauchen wir gar nicht die Chinesen. Hier brauchen wir einen Wirtschaftsminister, der klar macht: Das geht so nicht!“