Eine Studie der Internationalen Energieagentur (IEA) kommt zu dem Schluss: «In Ländern, welche die Kernenergie weiterhin nutzen oder sie sogar ausbauen, kann sie die Abhängigkeit von importierten fossilen Brennstoffen verringern, die CO2-Emissionen senken und die Stromnetze in die Lage versetzen, einen höheren Anteil an Sonnen- und Windenergie zu integrieren. Der Aufbau nachhaltiger und sauberer Energiesysteme wird ohne die Kernenergie schwieriger, riskanter und teurer sein.»
Die IEA-Studie «Nuclear Power and Secure Energy Transitions: From today’s challenges to tomorrow’s clean energy systems» [1] zeigt auf, wie die Kernenergie auch zukünftig «dazu beitragen kann, sichere, vielfältige und emissionsarme Elektrizitätssysteme zu gewährleisten». Eine «regelbare Ressource» wie die Kernenergie werde benötigt, um erneuerbare Energien – die eine schwankende Produktion aufweisen – zu unterstützen. Der Markt müsse den Mehrwert der Dienstleistungen berücksichtigen, den regelbare Energiequellen zur Gewährleistung der Netzstabilität, kurzfristiger Flexibilität und ausreichender Kapazität in Spitzenlastzeiten leisten, fordert die IEA.
Etablierte und emissionsarme Energiequelle, die zur Dekarbonisierung beiträgt
Die Kernenergie sei heute die zweitgrößte Quelle für emissionsarme Energie nach der Wasserkraft, schreibt die IEA. In den etablierten Ökonomien seien aber Investitionen in neue Kernkraftwerksprojekte ins Stocken geraten und liege die Marktführerschaft nun bei Ländern wie China und Russland. Während sich einige Länder im Nachgang zu Fukushima gegen Kernenergie entschieden hätten, ändere sich nun die politische Landschaft wieder. «China, Frankreich, Großbritannien, Indien und Polen und haben kürzlich Energiestrategien angekündigt, in denen die Kernkraft eine wichtige Rolle spielt. Die USA investieren in fortgeschrittene Reaktorkonzepte», so die IEA. Die Agentur hat Entwicklungszenarien untersucht und hält fest: «Die Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken ist ein unverzichtbarer Bestandteil eines kosteneffizienten Wegs zu Netto-Null bis 2050.» Dasselbe Szenario sieht auch einen signifikanten Neubau an Kernkraftwerken vor.
Durch Kernenergienutzung vermiedene CO2-Emissionen, Quelle: IEA [1]
Stabile regulatorische und gesetzliche Rahmenbedingungen notwendig
Rigorose und sofortige politische Maßnahmen von Regierungen auf der ganzen Welt seien erforderlich, damit die Kernenergie ihre wichtige Rolle hinsichtlich Netto-Null bis 2050 wahrnehmen könne. Gemäß IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol müssten «die Regierungen eine solide Politik betreiben, um den sicheren und nachhaltigen Betrieb von Kernkraftwerken für die kommenden Jahre zu gewährleisten – und um die notwendigen Investitionen, auch in neue Technologien, zu mobilisieren». Laut IEA braucht es zur Finanzierung neuer Investitionen nicht nur Privatgelder sondern auch Beteiligungen der betreffenden Regierung.
Wichtig sei, dass auch die Nuklearindustrie ihre Aufgaben bezüglich Kostensenkungen und Bauzeiten mache. Stabile gesetzliche Rahmenbedingungen während des Baus würden dazu beitragen, Verzögerungen zu vermeiden, schreibt die IEA. Bei der Energiewende sollen auch kleine, modulare Reaktoren (SMR) eingesetzt werden, wozu es regulatorische Reformen brauche.
Geringerer Anteil an Kernenergie würde Kosten in die Höhe treiben
Die IEA hat auch ein Szenario untersucht, bei dem der Bau von neuen Kernkraftwerken nicht beschleunigt und die Laufzeiten nicht verlängert würden. «Weniger Kernenergie würde die Netto-Null-Ambitionen erschweren und verteuern», so die IEA. Die Lücke müsste mit höheren Anteilen an Solar- und Windenergie in den Stromnetzen gefüllt werden, die eine schwankende Produktion aufweisen. Dies erfordere mehr Energiespeicher und regelbare Energiequellen, wobei man auf fossile Kraftwerke mit CO2-Abscheidung, -Verwendung und -Speicherung zurückgreifen müsse. Dies würde gemäß IEA USD 500 Mrd. mehr Investitionen erfordern und die Stromrechnungen der Verbraucher bis 2050 jährlich um durchschnittlich USD 20 Mrd. erhöhen.
[1] https://www.iea.org/reports/nuclear-power-and-secure-energy-transitions