Energiewende: Ungesicherte Stromversorgung, höchste Strompreise, Umweltschäden

„Ohrfeige für die Energiepolitik der Ampel“, betitelte die FAZ am 8. März 2024 ihren Artikel über den Sonderbericht des Bundesrechnungshofes vom 7. März 2024.

Dr. Dietmar Ufer*) richtete dazu den nachstehenden Leserbrief an die FAZ:

Das, was der Bundesrechnungshof (BRH) am 7. März über die Energiepolitik der Ampelregierung der Öffentlichkeit vorgestellt hat, ist die Offenlegung eines der größten Skandale deutscher Wirtschaftspolitik. Der BRH beweist in seinem Bericht, dass keines der strategischen Ziele des Energiewirtschaftsgesetzeses, auch nicht ansatzweise, erreicht wurde.

Der BRH zweifelt daran, dass die Stromversorgung in Deutschland sicher ist. Nach Abschaltung der letzten Kernkraftwerke und der vorgesehenen Stillsetzung der Kohlekraftwerke kommt der Ausbau der wetterabhängigen Anlagen (Wind und Sonne), der hierfür erforderliche Netzausbau sowie der Aufbau von steuerbaren Kraftwerken zur Überbrückung der Dunkelflauten nicht voran. Daher wird Deutschland auch künftig Strom aus ausländischen Kernkraftwerken importieren und den Ausstieg aus der Kohleverstromung verschieben müssen. In diesem Zusammenhang meldet der BRH Zweifel an der Richtigkeit des deutschen Kernenergieausstiegs an. („Der deutsche Ausstieg aus der Kernenergie erscheint im europäischen Kontext widersprüchlich.“) Insgesamt zeichne die Bundesregierung „ein verzerrtes und damit unzutreffendes Bild der zukünftigen Versorgungssicherheit“. Deutsch: Die Bundesregierung lügt! 

Der BRH stellt fest, dass Deutschland die höchsten Strompreise in Europa hat und weitere Preiserhöhungen bevorstehen. Sie werden die Bürger als Verbraucher und Steuerzahler erheblich belasten. Falsch ist die vom BMWK immer wieder zu hörende Behauptung, Strom aus Wind- und Solaranlagen sei billiger als Strom aus konventionellen Kraftwerken. Mit dem weiteren Ausbau dieser Anlagen würde der Strom billiger. In dieser Darstellung werden der Öffentlichkeit die Kosten für Back-up-Kraft-werke, die zusätzliche Übertragungs- und Versorgungsleitungen und notwendiges Lastmanagement unterschlagen. Politiker handeln hier so, wie ein E-Auto-Verkäufer mit der Behauptung, sein Auto wäre billiger als ein vergleichbarer Verbrenner und dabei die Kosten für die Batterie „vergisst“. Deutsch: Die Bundesregierung lügt! 

Der BRH konstatiert, dass die Bundesregierung die Auswirkungen der „Energiewende“ auf Landschaft, Natur und Umwelt nicht umfassend bewerten und daher auch nicht beeinflussen kann. Sie hat erhebliche Auswirkungen auf Menschen und ihre Gesundheit, auf Tiere und Pflanzen, auf Landflächen, Wasser und Luft, auf die Landschaft und nicht zuletzt auf Kulturgüter. Die Bundesregierung will zwar die Elektroenergieversorgung umweltverträglich gestalten, hat sich aber zugleich das Ziel gesetzt, „für den Ausbau der erneuerbaren Energien alle Hürden und Hemmnisse aus dem Weg zu räumen“. Dafür wurden z. B. Umwelt-standards abgesenkt. Angeordnet wurde der Bau von Windmühlen auf zwei Prozent der Landesflächen, darunter auch inmitten von Wäldern. Riesige einst landwirtschaftlich genutzte Flächen wurden mit Photovoltaikanlagen bedeckt, die keinerlei energetischen Nutzen haben. Uralte Landschaften wurden durch Windrad-Wälder vernichtet. Jeder kann aus eigener Erfahrung diese Liste fortsetzen. Das Ziel einer umweltverträglichen Elektrizitätsversorgung ist gefährdet – nur zu oft ist der Schaden schon eingetreten!

Nicht unmittelbarer Gegenstand der Untersuchungen des BRH-Berichtes sind weitere Auswirkungen der aktuellen Energiepolitik, die dringend eine gesellschaftliche Bewertung erfordern. Deren Reihe ist lang, daher nur zwei Beispiele:

Es werden H2-ready-Gaskraftwerke gebaut, ohne zu wissen, woher der gewünschte „grüne“ Wasserstoff kommen soll und was er kosten wird. Kein vorausschauend planendes Unternehmen würde sich auf ein so „windiges“ Unternehmen einlassen. Das können nur kurzsichtige Verantwortungsträger fordern, zu denen auch die Bundesregierung mit ihrer beschränkten Verantwortungszeit gehört.

Ein weiteres Beispiel, aus dem der verantwortungslose Umgang mit Finanzressourcen des Landes hervorgeht, ist der Bau eines neuen Heizkraftwerkes in Leipzig für 180 Millionen Euro, natürlich H2-ready! Das geschah, obwohl eine Fernwärmeleitung vom wenige Kilometer entfernten modernen Braunkohlekraftwerk Lippendorf in Betrieb ist und energetisch vorteilhaft mit Kraft-Wärme-Kopplung diese Wärme produziert. Das Kraftwerk Lippendorf soll nach heutigem Stand zwar 2035 stillgelegt werden, verfügt aber im zugehörigen Tagebau über länger reichende Vorräte, nicht zuletzt infolge deutlich erniedrigter Auslastung. Das Heizkraftwerk hätte also auch ein oder vielleicht sogar zwei Jahrzehnte später gebaut werden können!

Abschließend eine weiterführende Anmerkung. Der BRH bezieht sich bei seiner Analyse auf das energiepolitische Zieldreieck aus Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit. Er bestätigt dabei die bekannte Widersprüchlichkeit der drei Ecken dieses Dreiecks, mit denen sich Energiestrategien seit Jahrzehnten auseinandersetzen müssen – ohne dabei ein Idealziel zu erreichen. Das Energiewirtschaftsgesetz macht aus diesem Ziel-Dreieck ein Ziel-Sechseck, indem es „Verbraucherfreundlichkeit“, „Effizienz“ und „Treibhaus-neutralität“ hinzufügt und „zunehmend“ den Einsatz wetterabhängiger („erneuerbarer“) Energien verlangt. Verbraucherfreundlichkeit und Effizienz sind mehr oder weniger bereits im Dreieck enthalten. Im Gegensatz dazu ist die „Treibhausneutralität“, auch als „Klimaschutz“ oder „Kampf gegen die Erderhitzung“ bekannt, eine nur global bewertbare Größe, die de facto nichts mit unserer unmittelbaren Umwelt zu tun hat. Sie muss also separat behandelt werden.

Es verbleibt die Aufgabe, die Realität eines Ziel-Vierecks „Versorgungssicherheit – Bezahl-barkeit – Umweltverträglichkeit – Klimaschutz“ zu prüfen. „Klimaschutz“ bedeutet vor allem Ausbau der wetterabhängigen Energien mit der angestrebten Dekarbonisierung (zusätzlich zur bereits vollzogenen Denuklearisierung). Zu fragen ist, ob es möglich ist, mit Hilfe von Wind- und Sonnenenergie eine Elektroenergieerzeugung aufzubauen, die bezahlbar, um-weltverträglich und zuverlässig ist. Der BRH sagt dazu eindeutig NEIN! Es bleiben damit nur die beiden Alternativen „Ziel-Dreieck“ (das schon schwer genug realisiert werden kann) oder „Klimaschutz“ („Treibhausneutralität“). Beides zugleich ist nach heutigem Erkenntnisstand nicht möglich. Kein anderes Land der Erde hat das auch jemals versucht oder geplant – au-ßer Deutschland!

Wie real ist nun aber die Realisierung des Ziels „Klimaschutz“? Trotz jahrzehntelanger Bemühungen sind bisher auch nicht kleinste Wirkungen zu erkennen! Von der „Klimapolitik“ wird behauptet, dass nur Treibhausgase (vor allem das lebensnotwendige Kohlendioxid) in der Lage seien, das über einen Zeitraumes von mehreren (drei) Jahrzehnten gemittelte Wettergeschehen, auch Klima genannt, zu steuern. Allerdings gibt es nicht einen einzigen naturwissenschaftlichen, d. h. messtechnisch belegbaren, Nachweis für eine solche Behauptung.  Es gibt nicht einmal eine akzeptable Korrelation zwischen dem Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre und der mittleren Temperatur der Erde.

Noch „schlimmer“: Paläoklimatische Untersuchungen belegen, dass in der Erdgeschichte Anstiege des Kohlendioxidgehaltes der Luft immer nach Temperaturerhöhungen erfolgten. Nie war Kohlendioxid Ursache von Temperaturänderungen, sondern stets Folge!

Trotzdem werden Billionen Euro oder Dollar ausgegeben, um die Emission dieses Gases zu reduzieren, um das Klima zu „schützen“. Auch nationale Gesetze oder internationale Vereinbarungen (Pariser Abkommen mit seinem 1,5-Grad-Ziel) sind keine Dogmen, sondern erfordern – anders als religiöse Dogmen – regelmäßig wissenschaftliche Kontrollen und gelegentliche Korrekturen. Unter den deutschen Behörden kann man dem Bundesrechnungshof noch am ehesten eine solche Kontrollfunktion zutrauen.

Bis dahin verbleibt die Frage: Brauchen wir eigentlich die „Energiewende“?

Alle, die sich mit der deutschen Energiewirtschaft verbunden fühlen, von Wissenschaftler und Politiker über Lehrer und Techniker bis zu jedem Stromverbraucher, müssen dem Bundesrechnungshof für seine tiefgründige Analyse dankbar sein. Diese Arbeit verdient Aufmerksamkeit und sorgfältige Beachtung bei allen energiewirtschaftlichen Entscheidungen. Dem Papier kann eine wesentlich höhere Qualität bescheinigt werden als den meisten Verlautbarungen des BMWK zu diesem Thema! Ein Mitarbeiter der privaten Wirtschaft, der so handeln würde wie Bundesminister Habeck, hätte längst seien Platz räumen müssen!

 

*) Dr. rer. oec. Ing. Dietmar Ufer ist promovierter Energiewirtschaftler. Ufer hat von 1970 bis 1998 im Institut für Energetik in Leipzig als stellvertretender Direktor und Bereichsleiter für Energie und Ökologie gearbeitet.