Der Europäische Rechnungshof weist auf Lücken der Gasversorgung hin

Der Europäische Rechnungshof kam bei seiner Prüfung, ob der politische Rahmen und die Maßnahmen der EU zur Erhöhung der Gasversorgungssicherheit wirksam waren, zu der Erkenntnis, „dass im EU-Rahmen zwar die einzelnen Aspekte der Gasversorgungssicherheit – wenn auch nicht in gleicher Weise – berücksichtigt wurden, aber oft nicht nachgewiesen werden kann, ob mit der Krisenreaktion die angestrebten Ziele erreicht wurden.“

„Der Hof stellte fest, dass einige langfristige Maßnahmen der EU zur Sicherung der Erdgasversorgung – insbesondere während der Krise – beigetragen und die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten gefördert haben. Allerdings erreicht die EU-Architektur für die Versorgungssicherheit einige ihrer wichtigsten Ziele nicht, und die EU hat erst kürzlich damit begonnen, einen Bezahlbarkeitsrahmen für die Gasversorgungssicherheit zu entwickeln. Die Auswirkungen der Maßnahmen, die als Reaktion darauf ergriffen wurden, dass Russland Gaslieferungen als Waffe einsetzt, sind nicht immer klar erkennbar, und die zunehmende Abhängigkeit der EU von Flüssigerdgas sowie die Notwendigkeit, einen Teil des Gasverbrauchs der EU CO2-neutral zu gestalten, stellen neue Herausforderungen dar. Bis Ende 2023 hatte sich die EU durch Diversifizierungsmaßnahmen erfolgreich von russischem Gas abgewendet und die Bezahlbarkeitskrise überstanden. Die Preise stabilisierten sich 2023 bei durchschnittlich rund 45 Euro/MWh, d. h. auf einem doppelt so hohen Niveau wie vor der Krise.“

Die Verordnung (EU) 2017/1938 über die sichere Gasversorgung zielt darauf ab, die regionale Zusammenarbeit und Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten zu stärken. Gemäß der Verordnung sind die einzelnen Mitgliedstaaten verpflichtet, über die Risikoprävention und die Reaktion auf Risiken alle vier Jahre Bericht zu erstatten. Hinsichtlich der Berichterstattungsrunde 2019 stellte der Hof fest, dass 18 Mitgliedstaaten das Berichterstattungsverfahren für die Präventions- und Notfallpläne nicht abgeschlossen und zwei Mitgliedstaaten überhaupt nichts vorgelegt hatten. Parallel dazu müssen Gruppen von Mitgliedstaaten regionale Risikobewertungen erstellen. Die Kommission stellte fest, dass alle von Gruppen von Mitgliedstaaten im Jahr 2019 durchgeführten regionalen Risikobewertungen unvollständig waren. Sie räumte ein, dass die Berichterstattungsverfahren reformiert und verbessert werden müssen, und eine große Mehrheit der Mitgliedstaaten wünscht sich eine Vereinfachung dieser Verfahren.

„Der Hof stellte fest, dass das System der EU zur Auswahl der kritischsten Gasinfrastrukturprojekte (“Vorhaben von gemeinsamem Interesse” bzw. projects of common interest, PCI) komplex ist, drei gesonderte Bewertungen sowie viele Schritte umfasst und zahlreiche Interessenträger an ihm beteiligt sind. Ferner stellte er fest, dass die Wirkungen der Vorhaben unklar sind, was es schwierig macht, die Durchführungsquote der PCI zu ermitteln und zu bewerten, ob ein Projekt einen Mehrwert aufweist, da es sich um ein PCI handelt.“

Als Reaktion auf die Gaskrise hat die EU eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die Gasspeicherung zu verbessern, die Nachfrage zu verringern und zu bündeln und Preisspitzen zu vermeiden. Der Hof stellte fest, dass einige Maßnahmen dadurch zur Versorgungssicherheit beigetragen haben, dass sie die Nachfragesenkung unterstützt oder eine ausreichende Befüllung der Gasspeicher sichergestellt haben. Die Auswirkungen anderer Krisenreaktionsmaßnahmen (Gaspreisobergrenze, Nachfragebündelung und Koordinierung internationaler Initiativen) können nicht nachgewiesen werden.

„Auf der Grundlage seiner Feststellungen empfiehlt der Hof der Kommission,

o den EU-Rahmen für die Bezahlbarkeit von Gas fertigzustellen;

o das Verfahren der Berichterstattung der Mitgliedstaaten über die Gasversorgungssicherheit zu optimieren und die Struktur der regionalen Zusammenarbeit zu überarbeiten;

o die Transparenz der Durchführung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse zu verbessern“

Anmerkung

Die Internationale Energieagentur definiert Energieversorgungssicherheit als die unterbrechungsfreie Verfügbarkeit von Energiequellen zu erschwinglichen Preisen. Die Gasversorgungssicherheit in der EU ist eine gemeinsame Aufgabe von Gasunternehmen, Mitgliedstaaten und der Kommission. Da die EU mehr als 80 % ihres Erdgases einführt, ist die Gasversorgungssicherheit für ihr Wohlergehen und ihren Wohlstand von entscheidender Bedeutung. Die rasche Einstellung der Gaseinfuhren aus Russland, die 2021 – dem letzten Jahr vor der russischen Invasion in die Ukraine – 45 % aller Gaseinfuhren der EU ausmachten, führte zu einer Versorgungskrise, die wiederum eine Bezahlbarkeitskrise auslöste.

Die Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen ist noch immer nicht überwunden. Aktuell decken die Europäer 15 Prozent ihres Gasbedarfes durch Russland, einschließlich des Flüssiggases.

Ein wunder Punkt scheint der Solidaritätsmechanismus zwischen einzelnen Mitgliedsstaaten zu sein, der anfällig ist. Einige EU-Länderparlamente planten weiterhin damit, “im Notfall ihre Gaslieferungen an einen Nachbarn zu kappen”, warnten die Prüfer.