Ständige Zunahme negativer Strompreise

Negative Strompreise sind keineswegs ein Grund zur Freude. Im Gegenteil, sie belasten die Stromkunden. Ich komme gleich darauf zurück.

Im Jahr 2023 lag der in Deutschland gehandelte Strompreis insgesamt 301 Stunden im negativen Bereich. Der Strompreis wird an der Börse ermittelt und sobald ein Überangebot an Strom (z.B. durch hohe Wind- und Solarstromproduktion an Sonn- und Feiertagen) existiert, kommt es zu negativen Strompreisen. Heute Mittag am 16. Juli werden 325 Negativstunden erreicht, also mehr als im ganzen Vorjahr.

In der folgenden Tabelle hat Rolf Schuster die Entwicklung der Negativstunden in den Jahren 2010 bis heute zusammengestellt:

Dazu schreibt er:

„Der Ausbau von Wind.- und Solarenergie hat eine Grenze erreicht, die nicht überschritten werden sollte. Die Residuallast zeigt ab 2023 immer häufiger negative Werte.
Hier könnten industrielle Speicherlösungen helfen, die aber nicht in Sicht sind.

Kernkraftwerke würden sicherlich schneller gebaut werden, als Großspeicher zur Verfügung stehen werden.

Es ist ein dringender Stopp des ungezügelten Ausbaus von Wind.- und Solarenergie geboten.

Es zeigen sich erste Anzeichen von Chaos an der Strombörse. Am letzten Wochenende schwankten die Börsenwerte zwischen 225 €/MWh und –74 €/MWh.
Das physikalische Stromnetz wird absehbar der Strombörse in das Chaos folgen.“

Über negative Strompreise resp. Negativstunden und Residuallast hatte die AGEU bereits berichtet. Hier nochmals zum besseren Verständnis:

Der Begriff Residuallast beschreibt den Teil des Stromverbrauchs in Deutschland, der nach Abzug der Einspeisung von fluktuierenden erneuerbaren Energien ins Stromnetz übrig ist. Es geht also um den Restbedarf an Strom, der nicht durch Wind- und Solarenergie abgedeckt werden kann. Zu einem Großteil wird die Residuallast mithilfe der Leistung von konventionellen Energiequellen (Gas, Öl, bis zum 15.4.2023 durch Kernenergie) gedeckt.

Solange mehr Strom nachgefragt wird, als durch Wind und Sonne produziert werden kann, spricht man von einer positiven Residuallast. Ein Teil des Energiebedarfs muss dann aus anderen Quellen gedeckt werden. Durch die im Zuge der Energiewende ansteigende Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen kann es jedoch auch zu einer negativen Residuallast kommen. In diesem Fall wird mehr Wind- und Solarstrom produziert, als der Markt benötigt. Der überschüssige Strom kann dann entweder in die Energiespeicher (sofern vorhanden) oder das (außer-) europäische Ausland fließen. In diesem Fall ergeben sich die oben genannten Negativstunden. Die Stromabnehmer im Ausland aber lassen sich die Stromabnahme bezahlen. Daher die zusätzliche Belastung unserer Strompreise.

Ein gut funktionierendes, länderübergreifendes Energiesystem und der damit einhergehende Ausbau des europäischen Stromnetzes sind zentral, um Unter- und Überproduktionen in verschiedenen Regionen auszugleichen. Kann der überschüssige Strom nicht am Markt abgesetzt werden, müssen die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) in die Stromproduktion eingreifen und sie in manchen Fällen sogar ganz stoppen. Der Strom ist dann nicht integrierbar. Aber auch der nicht produzierte Strom geht zu Lasten der Stromkunden. Dem Stromerzeuger entsteht durch den nicht produzierten Strom (!) kein Schaden. Sie erhalten eine Ausfallentschädigung. So will es das Erneuerbare Energien-Gesetz.