Wasserstoff spielt eine wichtige Rolle in der Chemie und der Metallverarbeitung. Erfahrungen im industriellen Umgang mit Wasserstoff gibt es daher reichlich. Die Bundesregierung sieht im Wasserstoff ein Schlüsselelement für die Energiewende. Bei Produktion, Speicherung und Transport von Wasserstoff gibt es jedoch spezielle Sicherheitsrisiken, die vor allem beim großflächigen Einsatz von Wasserstoff bis hin in alle Haushalte dringend beachtet werden müssen.
Bei Wasserstoff (H2) handelt es sich um ein ungiftiges Gas, das weder über Farbe noch Geruch verfügt. Das klingt zunächst harmlos, ist aber eine nicht zu unterschätzende Gefahr, da Wasserstoff-Leckagen oft nicht erkannt werden. Wasserstoff ist leicht entflammbar und kann sich bei Raumtemperatur leicht entzünden. Wasserstoffbrände sind nur sehr schwer zu löschen [1]. Ab einer Wasserstoff-Konzentration von 18 % in einem Gemisch mit Luft besteht Explosionsgefahr [2]. Die Freisetzung von Wasserstoff ist eines der wichtigsten Szenarien, die im Kontext der Gefährdungsbeurteilung und Auswirkungsbetrachtung berücksichtigt werden müssen. Mit einer Dichte von 0,0899 g/l (0°C) ist Wasserstoff rund 14-mal leichter als Luft. Aufgrund seiner hohen Diffusionsgeschwindigkeit breitet er sich in alle Richtungen schnell aus und mischt sich rasch mit Luft.
Wasserstoff ist nach Ansicht des TÜV Nord [2], seinen physikalischen und chemischen Eigenschaften zufolge, nicht gefährlicher als herkömmliche Energieträger wie Erdgas oder Erdöl. Gleichwohl müssen beim Umgang mit Wasserstoff hohe Sicherheitsstandards gelten, da Gefahren wie Explosionen oder Wasserstoff-Versprödung drohen. Bei einer Entzündung von austretendem Wasserstoff können z. B. Flammenstrahlen oder Gaswolkenexplosionen auftreten.
Luftschiff “Hindenburg”-Katastrophe in Lakehurst/USA am 6. Mai 1937
Wie explosiv ist Wasserstoff? Diese Frage wird häufig gestellt, da Wasserstoff aufgrund des Knallgasexperiments aus dem Chemieunterricht und einiger bekannter Unfälle aus der Technikgeschichte mit Explosionen verbunden wird. Der Prozess der Wasserstoffexplosion beginnt, wenn das Wasserstoffgas und der Sauerstoff im Raum miteinander vermischt werden. Wenn das Verhältnis von Wasserstoff zu Sauerstoff innerhalb eines bestimmten Bereichs liegt, wird das Gemisch explosiv. Wenn eine Zündquelle auftritt, wird das Gemisch entzündet und eine Explosion kann auftreten. Einige der bekanntesten Beispiele für Wasserstoffexplosionen in der Industrie sind die Explosionen von 1947 in Texas City und 1986 in Mexiko-Stadt. In beiden Fällen traten massive Explosionen auf, die zu Hunderten von Toten und Verletzten führten [5].
Gerade das Feuer an Bord des Luftschiffes “Hindenburg” am 6. Mai 1937 (Abb.) wird noch oft als Beispiel für die Explosionsgefahr von Wasserstoff genannt. Es ist jedoch längst bewiesen, dass es gar keine Explosion gab und das Unglück auch nicht durch Wasserstoff verursacht wurde, sondern durch einen elektrostatischen Funken. Wichtig ist vor allem: Per se explodiert Wasserstoff nicht. Dafür sind weitere Faktoren notwendig – ein Oxidator (beispielsweise reiner Sauerstoff, Luft oder Chlor) in einem bestimmten Volumenverhältnis zum Wasserstoff und eine Zündquelle wie der aus einer elektronischen Aufladung resultierende Funke [2].
Wasserstoff-Versprödung ist ein Phänomen, das zu den typischen Gefahren von Wasserstoff gehört. Diese liegt vor, wenn es zu einem Eindringen von ionisiertem Wasserstoff in das Kristallgitter eines Metalls kommt [2]. Entsprechend sind Metalle oder auch Metalllegierungen von Wasserstoff-Versprödung betroffen. Beschleunigtes Risswachstum oder Materialversagen können durch Wasserstoff-Versprödung hervorgerufen werden, vor allem bei erhöhter Materialspannung. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von „wasserstoffinduzierter Korrosion“. Materialermüdung war die Ursache für die Explosion eines Wasserstofftanks bei der Heraeus Quarzglas in Hanau, über die die Frankfurter Rundschau am 6.10.1992 berichtete. Die Explosion legte große Teile des Werksgeländes in Trümmer und verwüstete die benachbarte Wohngegend.
Ob das jeweilige Material für Wasserstoff-Versprödung anfällig ist, hängt von mehreren Faktoren ab [2]:
- Form des Kristallgitters (z.B. Raum- oder Flächenzentrierung)
- Metalloberflächengüte (z.B. Schweißnähte, Brüche oder Fehlstellen)
- Belastung (z.B. Temperatur, Druck, Spannung oder Wechselbelastung)
Daher müssen bei der Auswahl von Komponenten immer die Auswirkungen der Alterung durch Wasserstoff einbezogen werden. Durch die entsprechende Materialwahl lässt sich das Risiko der Wasserstoff-Versprödung reduzieren oder ganz vermeiden. Hierzu hat sich Edelstahl bewährt.
Gerade bei den Rohren von Pipelines für den Wasserstofftransport ist die Beständigkeit oder Resilienz gegen das Phänomen der Wasserstoff-Versprödung von grundlegender Bedeutung. Die Herausforderung besteht vor allem darin, dass für den Wasserstofftransport zunächst die bestehende Erdgas-Pipeline-Infrastruktur und keine speziellen Wasserstoff-Pipelines verwendet werden sollen.
Der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. sieht in ihrer Stellungnahme [3][4] „die Eignung der Erdgasleitungen für den Transport von Wasserstoff ist grundsätzlich gegeben. Die „Wasserstoffreadyness“ aller Einbau-Komponenten ist weitestgehend untersucht, in wenigen Fällen befindet sie sich derzeit noch in Klärung.“
Die Veröffentlichung von offiziellen Normen oder Regelungen bezüglich des sicheren Wasserstofftransports steht noch aus.
[1] https://chemuza.org/de/ist-wasserstoff-brennbar/
[5] https://technikaktuell.com/wasserstoffexplosion/