Eine Schweizer Initiative öffnet die Augen

Am 9. Februar 2025 stimmt das Schweizer Volk über die Volksinitiative «für eine verantwortungsvolle Wirtschaft innerhalb der planetaren Grenzen» ab, über die sogenannte Umweltverantwortungsinitiative.

Spontan ist man geneigt dem zuzustimmen.  Doch bei näherer Betrachtung erweist sich die Initiative wieder mal als Trojanisches Pferd. Zu brutal wäre die Willkür bei der Umsetzung der Initiative und zu verheerend wären die Folgen. Es ist eine Vollbremsungsinitiative mit Blanko-Vollmachten für Politiker und Staat. Darauf machte Beat Gygi aufmerksam [1]. Er schlägt mit seinem Kommentar den Bogen nach Deutschland.

Die «durch den Konsum in der Schweiz verursachte Umweltbelastung», so schreibt Gygi, sei spätestens zehn Jahre nach Annahme der Initiative auf die «planetaren Grenzen gemessen am Bevölkerungsanteil der Schweiz» zu deckeln. Messen müsse man dies anhand der Indikatoren Biodiversitätsverlust, Wasserverbrauch, Bodennutzung sowie Stickstoff- und Phosphoreintrag.

Im Abstimmungsbüchlein des Bundes steht denn auch, Parlament und Bundesrat gehe der geforderte Ansatz zu weit und hätte für Bevölkerung und Wirtschaft weitreichende Folgen: einschneidende Eingriffe in den Lebensstil der Bevölkerung, rasche Einschränkung des Konsums mit weitreichenden Vorschriften, Verboten, Vorgaben zur Art, wie die Leute wohnen, essen, sich fortbewegen, Freizeit und Ferien gestalten. Verzicht auf breiter Front. Firmen würden ins Ausland abwandern, Arbeitsplätze gingen verloren, die Schweiz würde im internationalen Handel geschwächt.

Die Warnung ist klar: Auf diesen Weg soll sich die Schweiz nicht begeben.

Aber ist sie denn nicht schon darauf, fragt Gygi?

Wenn man’s bedenkt, war es ein Schock: 2019 entschied der Schweizer Bundesrat in Nachahmung ausländischer Proklamationen, die Schweiz müsse ihre Treibhausgasemissionen bis 2050 auf netto null reduzieren, und dieses Versprechen wurde dann Teil des 2023 vom Volk angenommenen Klimagesetzes. In nicht einmal dreißig Jahren will man also offiziell den Einsatz fossiler Energieformen auf praktisch null abwürgen. Die Stadt Zürich will laut eigenem Gesetz ihre radikalen lokalen Reduktionsziele sogar bis 2035 beziehungsweise 2040 erreichen. Was heißt das? Dazu meint Gygi:

Willkür: Das Ziel der Ausstoßreduktion wurde nie schlüssig hergeleitet. Es beruht auf einer behelfsmäßigen Ableitung aus dem Ziel des Pariser Klimaabkommens, wonach die Erdtemperatur nicht stärker als 1,5 bis 2 Grad zunehmen dürfe. Dieses Temperaturziel wurde politisch ausgehandelt, wissenschaftlich ist es nicht begründet. Die Klimapolitik hängt an einem Ziel, das in der Luft hängt.

Brutale Folgen: Der Weg zum Ziel netto null ist völlig unklar. In der Schweiz wurde nach Lust der Interessengruppen ein Subventionswesen mit Milliarden-Fördertopf eingerichtet, um den sich alle balgen. Da werden bestimmte Energieformen, Technologien und Firmen auf Kosten der Steuerzahler, Konsumenten und Investitionen in Innovation bevorzugt.

Die abwegige Umweltverantwortungsinitiative hat insofern einen positiven Effekt: Sie entlarvt die heutige Klimapolitik als fast ebenso unseriös im Umgang mit Zielen und Maßnahmen.

Mit Blick auf die deutsche Bundestagswahl hat das ifo Wirtschaftsforschungsinstitut (München) Unternehmen nach ihren Erwartungen an die kommende Regierung gefragt. Als Hauptproblem gilt für 40 Prozent der Firmen die Bürokratiebelastung. Kritik zielt auch auf Energie und Steuern. Fachkräftemangel und nachhaltige Transformation dagegen beschäftigen nur 5 Prozent der Befragten. Ein ähnliches Bild zeichnete der Dachverband Economiesuisse, als er die Bürokratie als maßgeblich Wachstumsbremse einstufte.

Deutschland ist noch schlechter dran als die Schweiz, da die Hauptquelle der Regulierung die Europäische Union ist. Aber auch dort regt sich Widerstand gegen Great Deal.

[1] https://weltwoche.de/story/extreme-ideen-oeffnen-die-augen/