Bei der Gläubigerversammlung in Hamburg am 22. Juli 2014 stimmten die Gläubiger des insolventen Windkraftunternehmens Prokon – entgegen dem Willen des Firmengründers Carsten Rodbertus – dem vorläufigen Insolvenzplan zu. Redakteur Julian Stech vom Bonner General-Anzeiger kommentierte am 23. Juli 2014 im Wirtschaftsteil unter dem Titel “Grüne Albträume” wie folgt:
“Investieren in die gute Sache, das wollten Zehntausende beim Windkraftfinanzierer Prokon. Schon jetzt ist klar, dass die Anleger viel von ihrem Geld, das sie in die „Ökologische Kapitalanlage“, so die Prokon-Werbung, steckten, buchstäblich in den Wind werden schreiben müssen. Wie zuvor schon die Aktionäre und Gläubiger der Bonner Solarworld und vieler anderer Unternehmen, die mit erneuerbaren Energien unterwegs sind. Es ist immer das Gleiche: Viele glauben an die ökologisch gute Sache, die sich dann früher oder später zur ökonomischen Katastrophe entwickelt. Die Wertvernichtung geht längst in die Milliarden.
Warum? Weil Prognosen zur Tauglichkeit der Technik, zum Innovationspotenzial, zu Sonnenscheindauer und Windstärken, kurz, zur Wirtschaftlichkeit, häufig viel zu optimistisch ausfallen. Das war auch bei Prokon der Fall. Solche Schönrechnungen gibt es auch in anderen Branchen, vor allem, wenn die Firmen Kapital einsammeln möchten, etwa bei Börsengängen. Die Öko-Anleger müssen sich aber auch fragen lassen, ob sie den Versprechungen nicht allzu leichtgläubig gefolgt sind. Für grüne Geldanlagen gilt vielleicht mehr als sonst: Gut gemeint ist noch lange nicht gut.” [Zitatende]
Zu diesem Kommentar gab es folgenden Leserbrief:
Die Politik ist schuld an grünen Albträumen
Viel mehr als auf gutgläubige Anleger für Strom aus den sog. Erneuerbaren Energien trifft der letzte Satz im Kommentar von Julian Stech “Gut gemeint ist noch lange nicht gut.” auf den Gesetzgeber zu, der 2000 die Stromverbraucher mit dem EEG-Gesetz beglückte. Was wurde dadurch in Gang gesetzt? Strom aus Wind, Sonne, Biomasse oder Wasserkraft darf seitdem unbegrenzt und überall in Deutschland erzeugt werden – egal, ob er zu einer bestimmten Zeit oder an einem bestimmten Ort benötigt wird oder nicht. Außerdem wird er 20 Jahre lang mit Festsätzen vergütet. Kein Wunder, dass pfiffige Kaufleute die im Gesetz eingebaute Gelddruckmaschine entdeckten und seitdem exzessiv nutzen – zum eigenen Nutzen, aber auch zum vorübergehenden Nutzen Hunderttausender Anleger.
Wie eine Lawine, einmal ausgelöst, nicht mehr aufzuhalten ist, so untergraben die Folgen des EEG mit steigender Tendenz Wirtschaftlichkeit und Zuverlässigkeit der deutschen Stromversorgung. Auch die Umweltverträglichkeit des Stroms aus den Erneuerbaren wird nach Kräften schöngerechnet. Mit jeder Neufassung mutiert das EEG-Gesetz mehr und mehr zu einem Monster an Kompliziertheit, Sonderverordnungen und Ausnahmeregelungen. Hilflos stehen Regierung und Bundestag da, versprechen das Blaue vom Himmel, werden aber den Kräften aus Wirtschaft, Lobbyverbänden und Parteien, die sie vor 14 Jahren selbst ins Leben gerufen haben, nicht mehr Herr. Weder Regierung noch Bundestag bringen die Kraft auf, den gordischen Knoten des EEG zu durchschlagen. Wie üblich, verfolgen auch die Bundesländer nur ihre Partikularinteressen. Selbst Brüssel wehrt sich nur noch halbherzig gegen den deutschen EEG-Irrsinn. Gute Nacht Deutschland!
(erstellt am 23. Juli 2014, im Bonner General-Anzeiger am 9./10. August abgedruckt)