Japan auf dem Weg zurück zur Kernenergie

Japan vollzieht einen bemerkenswerten Wandel seiner Energiepolitik. Noch unter der schockierenden Wirkung der Zerstörung von drei Reaktoren durch einen Tsunami im März 2011 wurden sämtliche 51 Kernkraftwerke des Landes außer Betrieb genommen. Im Folgejahr beschloss die Regierung den schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie.

Inzwischen gab es einen Regierungswechsel und mit ihm eine Neubewertung der künftigen Energieversorgung. In dem im Dezember 2013 von der „strategischen Regierungskommission“ vorgelegten Energiekonzept („Basic Energy Plan“), das vierte seiner Art nach 2003. 2007 und 2010, wird die weitere Nutzung der Kernenergie als wichtige Komponente des Energie – Mixes empfohlen. Unter der Voraussetzung der nuklearen Sicherheit verweist die Kommission auf die Vorteile der Kernenergie wie die stabile Stromversorgung, die Kostenreduktion sowie der CO2 – Einsparung. Die Kernenergie soll mittel- und langfristig die Energiepolitik Japans bestimmen. Das Konzept räumt auch den alternativen Energien Platz ein und will diese – soweit sinnvoll – ausbauen /1/.

Am 11. April 2014 beschloss das japanische Kabinett unter Premierminister Shinzo Abe das neue Energiekonzept und bekennt sich damit klar zur weiteren Nutzung der Kernenergie /2/.

Vor der Wiederinbetriebnahme müssen die abgeschalteten Kernkraftwerke die am 8. Juli 2013 in Kraft getretenen neuen Sicherheitsrichtlinien erfüllen. Mit diesen Richtlinien soll den Auswirkungen von Naturgewalten wie Tornados, Erdbeben und Tsunamis sowie von Bränden besser Rechnung getragen werden.

Der Ausfall der Kernkraftwerke wurde durch verstärkten Kohle- und Gasimport ausgeglichen. Allein der Wert der importierten Kohle betrug seither mit 80 Mrd. US-$ nahezu 10 % des gesamten japanischen Imports.

Nach einer Verlautbarung von Jaif /3/ vom 7. Juli 2014 hat der Ausfall der Kernkraft eindeutig negative Auswirkung für die Wirtschaft. Regionale Wirtschaftsorganisationen hatten an die Regierung appelliert, so bald wie möglich die Kernenergienutzung wieder aufzunehmen.

Bis Mitte Juli 2014 wurden von neun Betreiberfirmen für 19 Reaktorblöcke Anträge auf Wiederinbetriebnahme gestellt.  Anfang September 2015 nahm Sendai-1 (PWR, 846 MW) der Kyushu Electric Power Co. als erste Kernkraftwerkseinheit nach dem Reaktorunfall die kommerzielle Stromerzeugung wieder auf. Am 17. November 2015 folgte die Aufnahme des kommerziellen Betriebes von Sendai-2 (846 MW). Die Kernkraftwerke Takahama-3 und Takahama-4 gingen Anfang 2016 wieder ans Netz, mussten aber wegen Anwohnereinsprüche wieder abgefahren werden. Nach gerichtlicher Klärung wurde beide Anlagen im ersten Halbjahr 2017 wieder in kommerziellen Betrieb genommen.  Am 12. August 2016 nahm das Kernkraftwerk Ikata-3 seinen Betrieb wieder auf. Mit Stand Mitte 2017 befinden sich 5 Reaktorblöcke am Netz.

/1/ Japan Atomic Indusrial Forumm (JaiF), Atoms in Japan, 4. März 2014
/2/ World Nuclear News, 11. April 2014
/3/ JaiF, 14. Juli 2014

Fukushima-Katastrophe wäre vermeidbar gewesen

Die Reaktorkatastrophe von Fukushima ist in technischer Hinsicht ein Super – GAU und für die leidtragende Bevölkerung im Umkreis des Reaktors in existenzieller, gesundheitlicher und psychischer Hinsicht ein nachhaltig äußerst schreckliches Ereignis. Darüber besteht nicht der geringste Zweifel. Eine Katastrophe dieses Ausmaßes ist als höchst unwahrscheinlich eingestuft worden. Ist es tatsächlich so? Nach den in Deutschland im Kernkraftwerksbau angewandten Sicherheitsnormen hätte ein solches Ereignis, wie der Kommentator schreibt, nur einmal in 10.000 Jahren auftreten dürfen. Bei der  Auslegung eines Kernkraftwerkes in Deutschland werden in so genannten Störfallanalysen kraftwerksinterne und externe Einwirkungen auf das Reaktorverhalten untersucht.

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Sichere Energieversorgung nur bei Nutzung aller Energiequellen

In einem müsste man dem russischen Präsidenten Putin dankbar sein: Seine Krim – Annexion hat unser großes Risiko der Abhängigkeit von russischem Gas und Öl ins Bewusstsein von Politikern und Bürgern zurück gebracht.  Auch wenn Russland selbst in Zeiten des kalten Krieges seinen Lieferverpflichtungen stets nachkam, so ist seine Möglichkeit, den Gashahn abzudrehen, als politisches Druckmittel allgegenwärtig. Den EU – Staaten sind in der Auswahl geeigneter Reaktionen auf das russische Vorgehen die Hände gebunden. Um so mehr gehört zu einer verlässlichen Energiepolitik, die landesinternen Energiepotentiale soweit wie möglich auszuschöpfen und dort, wo eine Energielieferung aus dem Ausland unvermeidbar ist, diese weitest möglich zu diversifizieren. Auch aus diesem Grund ist die Energiewende erneut zu überdenken. Nicht nur der Verzicht auf Kernkraftwerke und deren CO2-freie Stromerzeugung auch der geforderte Einsatz von teuren Gaskraftwerken als Regelkraftwerke sind einer erneuten Beurteilung zu unterziehen. Ebenso muss auch die Gewinnung von Schiefergas (Fracking) mehr politische Unterstützung erfahren, um deren Chancen und Risiken objektiv abwägen zu können.

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Nur drastische Ökostrom-Reform rettet Energiewende

Das  vernichtende Urteil der Expertenkommission  EFI über das Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG) nennt nur zwei Gründe. Weder sei die CO2-Einsparung nach vorn gebracht worden noch seien Innovationen dieser Energietechnik gefördert worden. Tatsächlich sprechen weitere wesentliche Gründe gegen den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien. Trotz eines durch die Reform möglicherweise zukünftig gemäßigten Ausbaues der erneuerbaren Energie werden die EEG-Umlagen weiter steigen und damit auch die Strompreise zunehmen. Die Umlage betrug in 2013 rund 23 Mrd. Euro, etwa das Zehnfache gegenüber der Umlage vor 10 Jahren.

Ferner übersteigt die Ökostromerzeugung zeitweise den Strombedarf mit der Folge, dass der Strom, ehe eine Regelung greift, zum Null-Tarif in Nachbarländer abgeleitet werden muss, was sich die Stromabnehmer zudem bezahlen lassen. Die Regelkraftwerke können die Schwankungen von Wind und Sonne zwar ausgleichen, ein wirtschaftlicher Betrieb dieser Kraftwerke ist durch deren permanenten Lastwechsel aber nicht möglich. Mit jeder neuen Wind- und Solaranlage wächst der Anspruch an die Regelung und wächst die Zahl der jählichen Netzeingriffe, um einen Zusammenbruch der Stromversorgung zu verhindern.

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Endlagerung kontra Rückholung radioaktiver Abfälle

Die vom niedersächsischen Umweltminister erhobene Forderung, für das in Bau befindliche Endlager Konrad die Rückholbarkeit der Abfälle zu prüfen (“Wir brauchen auch hier die Möglichkeit der Fehlerkorrektur”), ist ein erneuter Versuch, die Fertigstellung des Endlagers für radioaktive Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung weiter zu verzögern.

 Die Endlagerung radioaktiver Abfälle bedeutet, die  Abfälle so zu verpacken und end  zu lagern, dass sie dem Menschen und der Umwelt auch nach tausenden von Jahren nicht gefährlich werden können. International unterscheiden sich die Endlagerkonzepte. In Frankreich beispielsweise werden schwach- und mittelradioaktive Abfälle oberirdisch in Betonwannen endgelagert und nach Befüllung mit wasserundurchlässigem Material abgedeckt. In Deutschland dagegen müssen alle Arten radioaktiver Abfälle in tiefen geologischen Gesteinen endgelagert werden. Schutzziel ist – im Fachjargon – der dauerhafte  und extrem langfristige Einschluss  der Abfälle in tiefem Gestein und somit das Fernhalten der Abfälle von der Biosphäre.

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Die Bundesregierung auf dem Wege zu einer oberirdischen Endlagerung hochradioaktiver Abfälle

          – Das Standortauswahlgesetz macht es möglich –

Sie stutzen und sind ungläubig? Dann lesen Sie diesen Beitrag und bilden sich Ihr eigenes Urteil. Für jemand, der 32 Jahre lang mit der Endlagerthematik befasst war, drängt sich der Eindruck auf, der gute politische Wille ist nur vorgetäuscht, denn umgesetzt wurde von den Bundesregierungsplänen der  Endlagerung in tiefen geologischen Formationen  trotz rechtlicher Verpflichtung bis heute nichts. In diversen Zwischenlagern stapeln sich derweil die radioaktiven Abfälle.

Die politische Prämisse seit Jahren bei allen Parteien: Um die Entsorgung radioaktiver Abfälle hat sich jene Generation zu kümmern, die auch den Nutzen der Kernenergie hat. Es sei unverantwortlich, dieses Problem nachfolgenden Generationen aufzubürden. Von dieser Prämisse hat sich die Politik meilenweit entfernt.

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Endlagerplanung: Ein endloser Akt politischen Unwillens

Die Endlagerplanung in Deutschland droht aus politischen Gründen zu einer nie enden wollenden Geschichte zu verkommen. Und manchen ist dieser Zustand willkommen, denn die fehlende Endlagerung ist ein immer wieder genutztes Argument gegen die friedliche Nutzung der Kernenergie. Im übertragenen Sinn wird von der fehlenden Landebahn gesprochen.

Der Vorwurf gipfelt im rot-grünen Koalitionsvertrag von 1998 in der Aussage:

„Die Koalitionsparteien sind sich einig, dass das bisherige Entsorgungskonzept für radioaktive Abfälle gescheitert ist und keine sachliche Grundlage mehr hat.“

Bisher haben noch alle für die Endlagerung verantwortlichen Politiker trotz vollmundiger Aussagen das Thema als politisch „heißes Eisen“ behandelt.

UNGLAUBLICH: 35 Jahre nach Auswahl und Erforschung zweier Endlagerstandorte – Gorleben und Konrad – legte die Bundesregierung den Entwurf eines Standortauswahlgesetzes vor, unter anderem mit der Absicht, weitere Standorte erkunden zu lassen.

 

Dagegen heißt es im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und FDP vom 26.10.2009 unter Nukleare Entsorgung:

„Eine verantwortungsvolle Nutzung der Kernenergie bedingt auch die sichere Endlagerung radioaktiver Abfälle. Wir werden deshalb das Moratorium zur Erkundung des Salzstockes Gorleben unverzüglich aufheben, um ergebnisoffen die Erkundungsarbeiten fortzusetzen. Wir wollen, dass eine International Peer Review Group begleitend prüft, ob Gorleben den neuesten internationalen Standards genügt. Der gesamte Prozess wird öffentlich und transparent gestaltet.“

Doch die nachstehende Bestandsaufnahme belegt den Widerspruch zwischen politischen Absichten und politischem Handeln. An ihrem Ende stehen nur Fragezeichen und mit ihnen der Verdacht gewollter Verzögerungen.

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Endlagerung radioaktiver Abfälle – Wie schnell können wir den Anschluß an die internationale Entwicklung wieder erreichen?

Die Entwicklung der Endlagerplanung in Deutschland ist eine Entwicklung mit Höhen und Tiefen. Rechtlich gefordert, politisch umstritten von Bürgerinitiativen bekämpft.
Prof. Klaus Kühn*), Honorarprofessor der TU Clausthal, beschreibt anlässlich der ihm verliehenen Ehrenmitgliedschaft in der Kerntechnischen Gesellschaft die Entwicklungsgeschichte der Endlagerung bis 2005 und unterbreitet Verbesserungsvorschläge.
Beginn seines Vortrags:

1. Einleitung

Der heutige Tag bietet sich an, einen Blick auf die Geschichte zur Endlagerung radioaktiver Abfälle in unserem Land während der vergangenen 40 Jahre zu werfen. Anfang der 60iger Jahre erkannte der Bund das Problem und entschloß sich, die Gesellschaft für Strahlenforschung (GSF) zu beauftragen, eine Lösung der anstehenden Fragen in Forschung und Entwicklung zu erarbeiten. Mit der Einrichtung des Instituts für Tieflagerung und Inbetriebnahme des Bergwerks Asse als Forschungslabor wurden im Juni 1965 die Instrumente hierzu geschaffen. Es entwickelte sich eine sehr erfolgreiche nationale und internationale Zusammenarbeit, in deren Verlauf Deutschland eine führende Stellung in dieser Forschungsrichtung erreichen konnte. In den siebziger Jahren geriet dieses sensible Thema immer mehr in den Blickpunkt öffentlicher Emotionen, ideologischer Argumentationen und politischer Zick-zack-Kurse. Es entzog sich häufig der sachlichen und wissenschaftlichen Argumentation. Auch der politische Wille zur Problemlösung war nicht immer erkennbar. Gleichwohl konnte die Arbeit einigermaßen stringent weitergeführt werden, bis Ende der achtziger Jahre das Aus für die obigen beiden Institutionen von der Politik beschlossen wurde. Dazu später mehr.

Betrachten wir den aktuellen Stand, dann ist die Meinung der internationalen Gemeinschaft, die sich mit der Endlagerung radioaktiver Abfälle befasst, und von der ich glaube, sie recht gut zu kennen, während der letzten Jahre in bezug auf uns eindeutig negativ:

  1. Deutschland ist auf internationaler Ebene kein Thema.
  2. Deutsche Beiträge auf internationalen Kongressen oder Symposien sind sehr selten geworden.
  3. Mit allgemeinem Unverständnis wird unsere Situation zur Kenntnis genommen oder gar belächelt.

In den achtziger und z. T. auch noch in der ersten Hälfte der neunziger Jahre hatten wir eine Spitzenstellung in der Welt inne, was Forschung und Entwicklung sowie Verfolgung konkreter Endlagerprojekte anbetraf.

Woran liegt dieser Niedergang? Dazu möchte ich in diesem Vortrag einige Gründe nennen und versuchen aufzuzeigen, wie wir das verlorene Terrain wieder wettmachen könnten.

2. Koalitionsvereinbarung vom 20. Oktober 1998

Die Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 20. Oktober 1998 trägt pikanterweise den Titel „Aufbruch und Erneuerung – Deutschlands Weg ins 21. Jahrhundert“. Im Kapitel 3 „Moderne Energiepolitik“ wird unter Punkt 3.2 „Ausstieg aus der Atomenergie“ die Politik der neuen Bundesregierung zur Endlagerung radioaktiver Abfälle wie folgt festgelegt:

  •  Die Koalitionsparteien sind sich einig, dass das bisherige Entsorgungskonzept für die radioaktiven Abfälle inhaltlich gescheitert ist und keine sachliche Grundlage mehr hat. Es wird ein nationaler Entsorgungsplan für die Erblast der radioaktiven Abfälle erarbeitet.
  •  Für die Endlagerung aller Arten radioaktiver Abfälle reicht ein einziges Endlager in tiefen geologischen Formationen aus.
  •  Zeitlich zielführend für die Endlagerung aller Arten radioaktiver Abfälle ist die Beseitigung hochradioaktiver Abfälle etwa im Jahr 2030.
  •  An der Eignung des Salzstocks in Gorleben bestehen Zweifel. Daher soll die Erkundung unterbrochen werden und weitere Standorte in unterschiedlichen Wirtsgesteinen auf ihre Eignung untersucht werden. Aufgrund eines sich anschließenden Standortvergleichs soll eine Auswahl des in Aussicht zu nehmenden Standortes getroffen werden.
  •  Die Einlagerung radioaktiver Abfälle in Morsleben wird beendet. Das Planfeststellungsverfahren bleibt auf die Stilllegung beschränkt.

2.1 Entsorgungskonzept

Ein in der politischen und öffentlichen Diskussion immer wiederkehrendes Argument gegen die Nutzung der Kernenergie ist, dass „die Entsorgung radioaktiver Abfälle nicht gelöst sei“. Hierbei wird „Entsorgung“ faktisch mit „Endlagerung“ gleichgestellt, was eindeutig falsch ist. Unter dem Begriff „Entsorgung“ – interessanterweise gibt es dafür keine direkte englische Übersetzung – werden folgende Einzelschritte im hinteren Teil des Kernbrennstoff- Kreislaufes zusammengefasst:

  • Transport, Zwischenlagerung und Wiederaufarbeitung bestrahlter Brennelemente
  • Verglasung flüssiger hochradioaktiver Abfälle
  • Transport und Zwischenlagerung verglaster hochradioaktiver Abfälle
  • Konditionierung schwach- und mittelradioaktiver Abfälle
  • Endlagerung dieser Abfälle
  • Konditionierung bestrahlter Brennelemente
  • Endlagerung von verglasten hochradioaktiven Abfällen und konditionierten bestrahlten Brennelementen

Da ich im Rahmen dieses Vortrages nicht auf alle Einzelheiten eingehen kann, hier nur so- viel: Alle genannten Schritte der Entsorgung – mit Ausnahme des letzten „Endlagerung von HAW und Brennelementen“ – sind technisch anwendungsreif entwickelt und/oder werden zum größten Teil seit vielen Jahren oder sogar Jahrzehnten im technischen Maßstab in vielen anderen Ländern, die Kerntechnik betreiben, genutzt – jedoch nur zum geringen Teil in Deutschland.

Von dem bei uns in der Koalitionsvereinbarung angekündigten „Nationalen Entsorgungsplan“ ist nach meinem Kenntnisstand nur ein nicht verabschiedeter Entwurf erstellt worden.

2.2 Ein-Endlager-Konzept

Der zweite Punkt der Koalitionsvereinbarung schreibt das sogenannte Ein-Endlager-Konzept fest. Zur Begründung für dieses Konzept sind nie technisch-wissenschaftliche Grundlagen genannt worden. Daher muß man annehmen, daß es sich um eine rein politisch begründete Forderung. handelt.

Deutschland bezieht hier eine „Alleinstellungsposition“ im negativen Sinn: In keinem anderen Land der Welt, das Kerntechnik betreibt, wird dieses Konzept verfolgt.

Zunächst einige Worte zur Abfall- und Endlager-Konzeption. Es gibt viele Arten radioaktiver Abfälle: schwach-, mittel- und hochradioaktive, kurz- und langlebige, wärmeentwickelnde und nicht wärmeentwickelnde, abgebrannte Brennelemente sowie Stillegungsabfälle. Im Gegensatz zu allen anderen Ländern wurden in Deutschland die schwach- und mittelradioaktiven Abfälle nicht nach ihrer Kurz- oder Langlebigkeit getrennt. Es wurde von vornherein – d. h. in der Mitte der sechziger Jahre – beschlossen, dass alle Arten von radioaktiven Abfällen in tiefen geologischen Formationen endgelagert werden sollen. Die später von der damals zuständigen PTB eingeführte Klassifizierung in wärmeentwickelnde und nicht wärmeentwickelnde Abfälle hatte gleichwohl zum Ziel, diese in zwei getrennten Endlagern unterzubringen, nämlich in Gorleben und Konrad.

Außerhalb Deutschlands wurden und werden die schwach- und mittelradioaktiven Abfälle nach der Halbwertszeit darin enthaltener Leitradionuklide bereits am Entstehungsort getrennt: Sr-90 und Cs-137 mit einer Halbwertszeit von 28 bzw. 30 Jahren bestimmen die Obergrenze der kurzlebigen Abfälle, die an der Oberfläche oder oberflächennah endgelagert werden können. Dabei ergibt das Zehnfache dieser Halbwertszeiten – also rund 300 Jahre – den Zeitrahmen, für den diese Abfälle bis zum vollkommenen Abklingen der darin enthaltenen Radionuklide überwacht werden müssen.

Hier ein paar Beispiele:

In Frankreich war das „Centre de la Manche“ – unmittelbar neben der Wiederaufarbeitungsanlage von La Hague gelegen – von 1965 bis 1995 als oberflächennahes Endlager in Betrieb. Hier wurden 527.214 m3 Abfall eingelagert. Das Centre de la Manche ist mittlerweile verfüllt oder bedeckt – ganz wie Sie wollen – und befindet sich seit 2003 im Überwachungsstatus.

Als Nachfolgeanlage ging 1992 das „Centre de l’Aube“ – im Département Aube in der Nähe der Stadt Troyes 160 km südöstlich von Paris gelegen – in Betrieb. Hier werden mit einer fortgeschrittenen Methode die Abfallfässer in Beton-Caissons eingelagert, wobei die Zwischenräume zwischen den Fässern mit Mörtel verfüllt und der Caisson anschließend verdeckelt wird. Die Kapazität dieses Endlagers beträgt 1 Million m3, wovon inzwischen ca. 180.000 m3 genutzt sind.

 Nach dem gleichen Prinzip wird das japanische Endlager am Standort Rokkashomura an der Nordostspitze der Hauptinsel Honshu betrieben. Hier sind seit 1992 inzwischen rd. 30.000 m3 eingelagert worden. Die Kapazität ist auf insgesamt 600.000 m3 ausgelegt, wovon derzeit ein Drittel genehmigt ist.

Auch das spanische Endlager El Cabril basiert auf dem französischen Konzept. Hier können mit einer Jahresleistung von 2.000 m3 /Jahr alle spanischen Abfälle bis zum Jahr 2020 endgelagert werden.

Das britische Endlager Drigg in Cumbria nimmt hauptsächlich die kurzlebigen schwach- und mittelradioaktiven Abfälle der Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield auf, aber auch diejenigen der britischen Kernkraftwerke.

Etwas anders ist die Situation in Skandinavien. Sowohl in Schweden als auch in Finnland werden Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle im Granit, allerdings in geringer Teufe, erfolgreich betrieben. Das SFR in Schweden liegt in der Nähe der Kernkraftwerke Forsmark, ist seit 1988 in Betrieb und hat eine Kapazität von 63.000 m3. Aus Finnland zeige ich hier ein Bild des Endlagers VLJ am Standort der Kernkraftwerke Olkiluoto, an dem sich derzeit der erste EPR im Bau befindet. Das VLJ ging 1992 mit einer Kapazität von 9.500 m3 in Betrieb, welche für eine 40jährige Betriebszeit der bisherigen Kernkraftwerke am Standort ausreicht.

Unbedingt erwähnt werden muß in diesem Zusammenhang auch das US- amerikanische „Waste Isolation Pilot Plant (WIPP)“, obwohl es nicht ganz. in die Systematik passt. WIPP ist weltweit das erste Endlager in einer tiefen geologischen Formation, das von der grünen Wiese aus geplant und errichtet wurde. Es befindet sich in einer Salzformation des Perm in ca. 500 m Tiefe in der Nähe der Stadt Carlsbad im Bundesstaat New Mexico. Nach einem umfangreichen Genehmigungsverfahren nahm WIPP im März 1999 seinen Betrieb auf. In ihm werden die schach- und mittelradioaktiven Transuran-Abfälle – also langlebige Abfälle – aus der amerikanischen Kernwaffenproduktion eingelagert. Die bisher ohne jegliche Störung eingelagerte Menge an TRU-Abfällen beträgt 32.786 m3.

2.3 Beseitigung hochradioaktiver Abfälle ab 2030

Einmal davon abgesehen, dass man hochradioaktive Abfälle nicht „beseitigen“, sondern nur behandeln, zwischen- und endlagern kann, ist das Jahr 2030 für die Inbetriebnahme eines Endlagers für hochradioaktive Abfälle in Deutschland inzwischen infrage gestellt. Es bedarf zur Erreichung dieses Zieles einer konzertierten Anstrengung. Dazu später mehr.

2.4 Zweifel an der Eignung des Salzstockes Gorleben

Dieser Punkt aus der Koalitionsvereinbarung und seine weitere Behandlung sind ein Lehrstück ideologischer Argumentation und nicht-sachbezogenen Handelns. Wie eingangs erwähnt, wird in der Koalitionsvereinbarung festgestellt: „An der Eignung des Salzstockes in Gorleben bestehen Zweifel.“ Eine Begründung oder Erläuterung für diese Aussage wurde nicht gegeben. Das federführende BMU brauchte bis zum Mai 2000, also 19 Monate, um die Zweifel zum ersten Male formuliert auf seiner Homepage aufzulisten. Da man bei dieser Definition aber schnell realisierte, dass es sich um allgemeine Fragen der Endlagerung handelte und nicht um direkt Gorleben-relevante, wurden die „Zweifel“ umbenannt in „konzeptionelle und sicherheitstechnische Fragen“. In der zwischenzeitlich zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen ausgehandelten Vereinbarung vom Juni 2000 wird dann die erforderliche Abarbeitung dieser konzeptionellen und technischen Fragen zur Begründung des Moratoriums für die weitere Erkundung des Salzstockes Gorleben ins Feld geführt, welches am 1. Oktober 2000 in Kraft trat. Wörtlich heißt es dazu in Anlage 4 der Vereinbarung: „Eine weitere Erkundung des Salzstockes Gorleben kann zur Klärung der genannten Fragen nichts beitragen. Deshalb wird die Erkundung für mindestens 3 Jahre, längstens jedoch für 10 Jahre unterbrochen; es erfolgt eine zügige Klärung der o.g. Fragen.“

Diese zügige Klärung, mit der das zuständige Bundesamt für Strahlenschutz beauftragt wurde, wurde wie folgt herbeigeführt. Das BfS sah sich nicht in der Lage, diese Aufgabe selbst zu übernehmen, obwohl die Fragestellungen seit vielen Jahren in der internationalen Gemeinschaft diskutiert werden – sogar mit deutscher Beteiligung, Mitarbeiter des BfS eingeschlossen. Das BfS führte also eine internationale Ausschreibung durch und wählte geeignete Auftragnehmer aus. Diese haben ihre Berichte bis Ende 2004 fertiggstellt. Nach interner Auswertung führte das BfS im September 2005 einen Workshop mit einer „pluralistisch besetzten Expertengruppe“ durch, dessen Ziel es war, die Ergebnisse dieser Berichte zu diskutieren, um den gegenwärtigen Sachstand zu jeder einzelnen Fragestellung zu bewerten. Basierend auf den zwölf Einzelberichten und auf den Ergebnissen des Workshops veröffentlichte das Bundesamt für Strahlenschutz dann sehr schnell, nämlich am 4. November 2005 – also vor drei Wochen – seinen zusammenfassenden Synthesebericht unter dem Titel „Wirtsgesteine im Vergleich“. Die entscheidende Aussage dieses Berichtes findet man in dessen Kapitel „Zusammenfassende Schlussfolgerungen“. Dort heißt es wörtlich:

„Die Untersuchungen ergaben, dass keine wesentlichen Wissenslücken auf generischer Ebene identifiziert werden konnten. Die identifizierten offenen Fragen sind entweder regulatorisch zu klären oder werden als nicht so relevant angesehen, als dass sie vor weiteren Entscheidungen über die Vorgehensweise bei der Endlagerung grundlegend zu klären sind.“

Um diese Aussage treffen zu können, brauchte man sieben Jahre.

2.5 Endlager Morsleben

Die Einlagerung radioaktiver Abfälle in das Endlager Morsleben (ERAM) ist 1998 beendet worden. Die Planfeststellungsunterlagen für die Schließung des ERAM hat das Bundesamt für Strahlenschutz am 13. September 2005 dem Umweltministerium Sachsen-Anhalt als zuständiger Genehmigungsbehörde überreicht. Die eigentliche Stillegung des Endlagers wird nach dem Vorliegen des Planfeststellungsbeschlusses etwa 15 Jahre in Anspruch nehmen. Die Gesamtkosten werden voraussichtlich 2 Milliarden € betragen und aus dem Bundeshaushalt finanziert.

Soweit zur Koalitionsvereinbarung vom Oktober 1998.

3. Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen

Ausgelöst durch die Koalitionsvereinbarung und den darin festgelegten Ausstieg aus der Kernenergie kam es zu den berühmten „Konsensverhandlungen“ zwischen der Bundesregierung und den EVUs. Diese endeten bekanntlich nicht mit einem Konsens, sondern mit einem Kompromiß, nämlich der „Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen“. Diese Vereinbarung wurde am 14. Juni 2000 paraphiert und am 17. Juni 2001 unterzeichnet.

Sie enthält auch einige wichtige Passagen zur Endlagerung. Im Abschnitt IV „Entsorgung“ heißt es u.a.:

4. Gorleben
Die Erkundung des Salzstockes in Gorleben wird bis zur Klärung konzeptioneller und sicherheitstechnischer Fragestellungen für mindestens drei, längstens jedoch zehn Jahre unterbrochen. Die Bundesregierung gibt zur Erkundung des Salzstockes Gorleben eine Erklärung ab, die als Anlage 4 Bestandteil dieser Vereinbarung ist.
.

6. Schacht Konrad
Die zuständigen Behörden schließen das Planfeststellungsverfahren für den Schacht Konrad nach den gesetzlichen Bestimmungen ab. Der Antragsteller nimmt den Antrag auf sofortige Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses zurück, um eine gerichtliche Überprüfung im Hauptsacheverfahren zu ermöglichen.

Anlage 4: Erklärung des Bundes zur Erkundung des Salzstockes Gorleben
In dieser Erklärung bestätigt der Bund zunächst die vorliegenden positiven Erkundungsergebnisse, um dann auf die bereits behandelten Zweifel bzw. Fragestellungen einzugehen. Weiter heißt es: „Das Moratorium bedeutet keine Aufgabe von Gorleben als Standort für ein Endlager. Vielmehr geht es darum, während der Prüfung der konzeptionellen und sicherheitstechnischen Fragen keine Investitionen zu tätigen, die nicht zur Klärung dieser Fragen beitragen können.“

Die Anlage 4 endet schließlich mit dem Satz: „Der Bund wird die Planung durch eine atomrechtliche Veränderungssperre (Rechtsverordnung nach § 9 g AtG) sichern.“

Auch zu diesen Passagen aus der Vereinbarung gehören einige Erläuterungen.

3.1 Gorleben

Über die konzeptionellen und sicherheitstechnischen Fragestellungen habe ich bereits gesprochen. Erstaunlich ist nach wie vor, dass das Moratorium bereits am 1. Oktober 2000, also neun Monate vor Unterzeichnung der Vereinbarung, in Kraft trat. Dabei sollte das Moratorium die sofortige Einstellung aller Erkundungsarbeiten zur Folge haben. Nur der hartnäckigen Vermittlung der Niedersächsischen Bergbehörde war es zu verdanken, dass die Umfahrung des Erkundungsbereiches EB 1 mit dem Durchschlag am Nikolaustag des Jahres 2000 aus sicherheitstechnischen Gründen zu Ende geführt werden konnte – wenn auch mit vermindertem Querschnitt. Seitdem ruhen jedoch sämtliche Erkundungsarbeiten. Nur Arbeiten zur Instandhaltung der Einrichtungen und zur Aufrechterhaltung der Sicherheit unter Tage sind erlaubt.

Für die im letzten Satz der Anlage 4 zugesagte Sicherung des Standortes Gorleben brauchte die Bundesregierung fünf Jahre. Die „Gorleben-Veränderungssperren-Verordnung (Gorleben VSpV) trat am 5. Mai 2005 in Kraft.

Mittlerweile sind fünf Jahre des Moratoriums vergangen – und eine Lösung ist nicht in Sicht, obwohl bisher 1,3 Milliarden € in das Projekt Gorleben investiert worden sind.

3.2 Konrad

Die Aufnahme des Endlagerprojektes Konrad in die Vereinbarung bedeutete einen ersten Erfolg, wird doch dieses Projekt in der Koalitionsvereinbarung mit keinem Wort erwähnt. Außerdem wurde damit die Forderung nach dem Ein-Endlager-Konzept faktisch außer Kraft gesetzt, denn es war allen Beteiligten klar, dass der Planfeststellungsantrag für die Schachtanlage Konrad auf die Endlagerung von nicht wärmeentwickelnden Abfällen beschränkt ist und somit ein zweites Endlager für wärmeentwickelnde Abfälle benötigt wird.

Nach der Paraphierung der bereits mehrfach zitierten Vereinbarung am 14. Juni 2000 handelte der neue Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz prompt. Bereits am 17. Juli 2000 verkündete er in einer Pressemitteilung: „Ich habe heute den Antrag auf Sofortvollzug des beantragten Planfeststellungsbeschlusses für Schacht Konrad zurückgezogen.“

Bis zum ebenfalls vereinbarten Abschluß des Planfeststellungsverfahrens dauerte es noch zwei Jahre. Der entsprechende Planfeststellungsbeschluß wurde dem Antragsteller am 5. Juni 2002 zugestellt.

Die Rücknahme des Antrages auf Sofortvollzug bedeutete, dass mit den erforderlichen Bauarbeiten nicht begonnen werden konnte, da der erteilte Planfeststellungsbeschluß erwartungsgemäß umgehend beklagt wurde und die Klagen aufschiebende Wirkung haben. Diese Verfahren laufen seitdem – also seit über drei Jahren – vor dem OVG Lüneburg. Nach derzeitiger Einschätzung kann mit einer Entscheidung des Gerichtes im ersten Halbjahr 2006 gerechnet werden.

In das Projekt Konrad sind bisher rund 800 Millionen € investiert worden.

4. Vorschläge zur Verbesserung der Situation

Damit genug zur Vergangenheit und zur mißlichen Lage der Gegenwart. Ich möchte einige Vorschläge machen, die nach meinem Dafürhalten zur Verbesserung der jetzigen Lage beitragen könnten, wobei ich davon ausgehe, dass sie folgende Kriterien erfüllen:

  • Sie sind kurzfristig umsetzbar.
  • Sie sind finanzierbar.
  • Sie können dazu beitragen, uns auf einen internationalen Spitzenplatz bei der Entwicklung von Hochtechnologien zurückzubringen – eine notwendige Voraussetzung zur adäquaten Problemlösung.
  • Dazu bedarf es zunächst einmal einer grundsätzlichen Übereinstimmung in Politik und Gesellschaft:

Wir brauchen in Deutschland Endlager für radioaktive Abfälle!

Wir haben bereits so viele radioaktive Abfälle, und es werden – trotz der in der neuen Koalitionsvereinbarung zwischen CDU/CSU und SPD fortgeschrieben Laufzeitbeschränkung unserer Kernkraftwerke – weitere radioaktive Abfälle entstehen, die den Betrieb von Endlagern zwingend erfordern. Auch hat in meinen Augen die Generation, die vom Nutzen der Kernkraft profitiert hat – also wir –, die Verpflichtung, die dabei entstandenen radioaktiven Abfälle geordnet und sicher endzulagern. Es kann nicht sein, dass wir dieses Problem ungelöst an die nächsten Generationen weitergeben.

Meine Vorschläge:

4.1 Aufhebung des Ein-Endlager-Konzeptes

Die politische Forderung nach dem Ein-Endlager-Konzept ist aufzugeben. Im internationalen Vergleich können wir sehen, dass dies ein Irrweg ist. Auch gibt es keine einleuchtenden wissenschaftlichen oder technischen Gründe. Der zeitlich versetzte Mengenanfall der verschiedenen Abfallkategorien spricht eindeutig für eine zeitlich unterschiedliche Inbetriebnahme zweier Endlager.

4.2 Schnellstmögliche Inbetriebnahme des Endlagers Konrad

Wie erwähnt, ist das Endlager Konrad für die Einlagerung von nicht wärmeentwickelnden Abfällen genehmigt. Eine positive Entscheidung des Gerichtes – so erwarte ich jedenfalls – könnte im ersten Halbjahr 2006 ergehen. Um bei Vorlage des Gerichtsentscheides mit dem Bau starten zu können, lautet mein zweiter Vorschlag:

Es ist zwingend, jetzt und unmittelbar mit allen vorbereitenden Arbeiten für das Endlager Konrad zu beginnen,

Dazu müssen die Planungen überarbeitet werden, Aufträge sind vorzubereiten und eine schlagkräftige und motivierte Belegschaft ist aufzubauen. Für all diese Vorbereitungen bleibt nicht mehr viel Zeit.

4.3 Wiederaufnahme der Erkundungsarbeiten im Salzstock Gorleben

Alle Diskussionen der letzten sieben Jahre um alternative Wirtsgesteine oder Standorte haben uns nicht weitergebracht und werden uns nicht weiterbringen, so lange die alles entscheidende Frage nicht beantwortet werden kann:

Ist der Salzstock Gorleben zur Aufnahme eines Endlagers geeignet oder nicht?

Die Antwort kann jedoch nur gegeben werden, wenn die Erkundungsergebnisse komplett vorliegen und mit einer international anerkannten Methode bewertet werden.

Darum lautet mein dritter Vorschlag:

Die untertägige Erkundung des Salzstockes Gorleben ist ergebnisoffen wieder aufzunehmen.

Sofern genügend Geld und Manpower vorhanden sind, kann man auch darüber nachdenken, parallel ein Suchverfahren für alternative Standorte zu betreiben. Dazu besteht aber nach dem derzeitigen Kenntnisstand keine direkte Veranlassung.

Selbst die alte rot-grüne Bundesregierung hat in der bereits erwähnten Anlage 4 zur Vereinbarung die bisher vorliegenden positiven Erkundungsergebnisse bestätigt. In meinen Augen ist der Salzstock Gorleben, was den bisherigen Umfang und Detaillierungsgrad der durchgeführten Arbeiten betrifft, einer der am besten untersuchten Standorte und Salzstöcke der Welt.

Das heißt nicht, Gorleben sei der beste Standort. Der international vereinbarte Konsens ist, daß wir den besten Standort nicht brauchen. Wie auch sollten wir ihn finden? Welches sollten die Beurteilungskriterien dafür sein? Welcher Aufwand sollte dafür getrieben werden? In der wissenschaftlich-technischen Gemeinschaft herrscht international Übereinstimmung darüber, dass ein solcher Standort gefunden werden muß, an dem mit dem System „Abfälle – Endlager – geologische Situation“ die gesetzlich vorgegebenen Schutzziele für die ebenfalls vorgegebenen Zeiträume nach menschlichem Ermessen sicher eingehalten werden können.

4.4 TSPA

Ich erwähnte vorhin eine international anerkannte Methode zur Standortbewertung und im letzten Satz den Nachweis zur Einhaltung der Schutzziele. Für beides gibt es nach dem internationalen Stand von Wissenschaft und Technik – der auch in Deutschland so viel zitiert wird – nur ein Werkzeug: die Total Systems Performance Assessment (TSPA), auch als systematische Langzeitsicherheitsanalyse oder Safety Case bezeichnet, wenn es auch dazwischen einzelne feine Unterschiede gibt.

Für alle Endlagerprojekte in tiefen geologischen Formationen der Welt existiert eine solche TSPA, nur in Deutschland ist eine solche Analyse für das Projekt Gorleben aus mir nicht bekannten Gründen nie erarbeitet worden Ich halte das für einen großen Fehler und kritisiere es darum auch seit Jahren.

Deshalb mein vierter Vorschlag:

Unter Federführung des Betreibers ist schnellstmöglich mit der Erarbeitung einer TSPA für das Projekt Gorleben zu beginnen.

Die erforderlichen Kenntnisse, Daten und Modelle für die Anfertigung einer solchen Langzeitsicherheitsanalyse sind in Deutschland zweifellos vorhanden, wenn auch zersplittert bei verschiedenen Institutionen: Die geowissenschaftlichen Kenntnisse und Daten zum Salzstock Gorleben liegen bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Han- nover. Das Wissen und die Kompetenz für die technische Auslegung hat die Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe (DBE) in Peine. Die Werkzeuge zur Durchführung einer TSPA in Form von Modellen und Rechenverfahren sind schließlich über viele Jahre bei der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) in Braunschweig entwickelt und gepflegt worden. Es bedarf also einer konzertierten Anstrengung, um mit einer TSPA für das Projekt Gorleben den Anschluß an das internationale Niveau wieder zu erreichen, den wir in diesem Punkt ganz klar verloren haben.

Eine solche Langzeitsicherheitsanalyse dient nicht nur der abschließenden Bewertung der radiologischen Sicherheit in einem Genehmigungsverfahren, sondern auch der Steuerung der Forschungs- und Entwicklungsarbeit sowie der Optimierung des Endlagersystems. Insofern herrscht bei uns ein akuter Nachholbedarf auf diesem Gebiet.

Jüngste Beispiele auf internationalen Gebiet sind das „Projekt Opalinuston“ der Schweizer Nagra aus dem Jahr 2002 sowie das „Dossier Argile“ der französischen Andra aus diesem Jahr 2005.

4.5 International Peer Review

Zu deutschen Defiziten im internationalen Vergleich hier ein zweites Beispiel.

Im Einklang mit der internationalen Entwicklung ist es eine seit Jahrzehnten bewährte Vorgehensweise, dass nationale Programme zur Endlagerung radioaktiver Abfälle vollständig oder teilweise – und hier insbesondere die Langzeitsicherheitsanalysen für Endlagerprojekte – von einschlägigen internationalen Organisationen, wie z.B. der IAEA oder der OECD/NEA, unter Heranziehung internationaler Experten geprüft und/oder evaluiert werden. Dieser Vorgang wird als „International Peer Review“ bezeichnet.

Alle anderen Länder haben sich dieser Evaluierung gestellt. Ich komme gerade aus Frankreich zurück, wo ich in der vergangenen Woche als Mitglied des „NEA – International Review Team“ an der Evaluation des französischen „Dossier 2005 Argile“ teilgenommen habe. Das „Dossier 2005 Argile“ ist das Projekt der Andra, eine jurassische Tonformation am Standort Bure in den Départements Marne – Haute Meuse auf die Möglichkeit zu untersuchen, darin ein Endlager für langlebige und wärmeentwickelnde Abfälle zu errichten und zu betreiben.

Aus mir nicht bekannten Gründen haben die verantwortlichen deutschen Institutionen nie um eine solche internationale Evaluierung nachgesucht, weder für das deutsche Endlagerprogramm im Salz im allgemeinen noch für das Projekt Gorleben im speziellen. Deshalb hier mein fünfter Vorschlag:

Nach Fertigstellung der TSPA beantragt Deutschland bei der NEA eine „Internationale Peer Review“ des Projektes Gorleben.

Eine Voraussetzung für eine solche internationale Überprüfung ist gleichzeitig, dass das Projekt und alle seine Elemente gut dokumentiert sind.

Ein solches Peer Review-Verfahren trägt nicht nur dazu bei, Schwachstellen im eigenen Programm im Vergleich zum internationalen Standard aufgezeigt zu bekommen, sondern auch, um im internationalen Ranking bei der Endlagerung richtig eingestuft zu werden.

4.6 Untertage-Labor (URL) im Salz

Ein Gebiet, auf dem Deutschland über viele Jahre eine Spitzenstellung in der Welt hatte, waren die Durchführung von wissenschaftlichen Großversuchen und die Entwicklung und Erprobung von Einlagerungstechniken unter Tage. Im Forschungsbergwerk Asse der GSF wurden auf diesem Gebiete Pionierarbeiten geleistet.

Auf Grund der spezifischen Situation in Deutschland kam es aber Anfang der neunziger Jahre zu offensichtlich unüberbrückbaren Schwierigkeiten. Das damals existierende BMFT war für die Finanzierung der „Grundlagenforschung“ zuständig, während das BMU über die Endla- gervorausleistungsverordnung die „anlagenbezogene Forschung und Entwicklung“ finanzierte. Im Forschungsbergwerk Asse liefen damals drei untertägige Großversuche:

Der HAW – Einlagerungsversuch

Der Versuch zur Einlagerung von mittelradioaktiven Abfällen der oberen Aktivitätskategorie und von HTR – Brennelementen

Bau und Test eines Prototyp-Dammes im Salz

Obwohl alle drei Versuche mit großem Erfolg und internationaler Beteiligung bereits weit fortgeschritten waren und obwohl auch sehr viel Geld investiert worden war, konnten sich die beiden Ministerien nicht über die Restfinanzierung der drei Projekte in der Größenordnung von ca. 100 Mio DM einigen – rückblickend gesehen ein Bruchteil der Summe, die man heute zur Problemlösung wird aufwenden müssen.

Die Konsequenzen dieser Nicht-Einigung waren vielfältig:

Die drei Großversuche wurden unvollendet abgebrochen.

Das Institut für Tieflagerung der GSF wurde 1995 aufgelöst.

Das Forschungsbergwerk Asse wurde nicht mehr für in situ-Versuche benutzt und befindet sich seitdem in der Stillegung.

Es steht weltweit kein Untertage-Labor (URL) im Salz mehr zur Verfügung.

Demgegenüber erlebten die URLs weltweit einen einzigartigen Boom. Für Granit gibt es folgende URLs:

−  Kanada: URL Pinawa

−  Schweiz: Felslabor Grimsel

−  Schweden: Felslabor Äspö

−  Japan: Tono und Kamaishi Mine

−  Finnland: Onkalo (im Bau)

Für Tongesteine existieren:

− Belgien: URL Mol

−  Schweiz: URL Mont Terri

−  Frankreich: URL Bure

Es gab von vornherein eine rege internationale Zusammenarbeit in allen Untertagelabors. So ist es auch noch heute. Auf Grund fehlender Möglichkeiten im eigenen Land sind jedoch die deutschen Forschungseinrichtungen auf die Mitarbeit in ausländischen Labors angewiesen. Diese unbefriedigende Situation sowie das Erfordernis, für ein erfolgreiches Projekt eines Endlagers im Salz noch einige Großversuche durchführen zu müssen, führt mich zu meinem sechsten Vorschlag:

Wir brauchen in Deutschland ein Untertagelabor im Salz.

Ob dieses Untertagelabor, wie vom Bundesrat in seiner Entschließung vom 14. Mai 2004 gefordert, als Forschungs- und Kompetenzzentrum im Erkundungsbergwerk Gorleben eingerichtet wird oder an anderem Ort, sei hier dahingestellt. Die Hauptsache ist, es wird realisiert – je schneller, desto besser.

5. Änderungen in der Organisation

Die bisher unterbreiteten Vorschläge beziehen sich auf die direkten Projekte der Endlagerung. Ich möchte abschließend noch einige Anregungen zur Verbesserung der Organisation in dem komplexen Gebiet Endlagerung geben.

5.1 Betreiber

Deutschland ist neben USA das einzige Land, in dem der Staat für die Endlagerung radioaktiver Abfälle verantwortlich und zuständig ist. Bei uns schreibt derzeitig § 9 (3) Satz 1 AtG vor: „Der Bund hat Anlagen zur Sicherstellung und Endlagerung radioaktiver Abfälle einzurichten.“

Der Bund hat diese Aufgabe an das Bundesamt für Strahlenschutz delegiert. Das BfS definiert sich aber selbst als „eine dem BMU nachgeordnete Bundesoberbehörde“. Daß diese Definition nur schlecht mit der industriellen Abwicklung eines technischen Großprojektes, nämlich dem Bau und Betrieb eines untertägigen Endlagers für radioaktive Abfälle, in Einklang zu bringen ist, dürfte fast jedem hier im Saal einleuchten.

In fast allen anderen Ländern sind die Abfallverursacher auch für die Endlagerung zuständig, d.h. also in erster Linie die Kernkraftwerksbetreiber: SKB in Schweden, Posiva in Finnland und die Nagra in der Schweiz sind als Industrieunternehmen Tochterfirmen der entsprechenden Energieversorgungsunternehmen (EVUs), in Frankreich arbeitet das staatliche Industrieunternehmen Andra eng seinen industriellen Anteilseignern zusammen.

Die positiven Ergebnisse in diesen Ländern im Vergleich zu dem doch eher mäßigen Erfolg bei uns in Deutschland veranlassen mich zu meinem siebenten Vorschlag:

Die Aufgabe der Endlagerung radioaktiver Abfälle in Deutschland muß einer industriell organisierten und operierenden Firma übertragen werden.

Dieser Vorschlag beinhaltet gleichzeitig die Forderung nach einem starken Engagement der deutschen EVUs in dieser Angelegenheit. Ich habe volles Verständnis für die bisherige und derzeitige Haltung unserer EVUs, die sich aus den bis dato vorhandenen politischen, rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen herleitet. Wenn wir allerdings bei der Endlagerung wieder internationalen Standard erreichen wollen, ist auch diese Position zu überdenken.

Als erste Voraussetzung zur Realisierung meiner Vorschläge habe ich deren kurzfristige Umsetzbarkeit genannt. Nun könnte man einwenden, dass zur Verwirklichung des siebten Vorschlages zunächst das Atomgesetz geändert werden müsse, und das dauere seine Zeit. Dem kann ich entgegnen, dass bereits das Atomgesetz in seiner jetzigen Fassung vom 19. Juli 2002 in § 9a (3) Satz 3 eine entsprechende Regelung ermöglicht. Dort heißt es:

„Der Bund kann zur Erfüllung seiner Pflicht – Anlagen zur Sicherstellung und Endlagerung einzurichten – die Wahrnehmung seiner Aufgaben mit den dafür erforderlichen hoheitlichen Befugnissen ganz oder teilweise auf Dritte übertragen, wenn sie Gewähr für die ordnungsgemäße Erfüllung der übertragenen Aufgaben bieten; der Dritte untersteht der Aufsicht des Bundes.“

Mit dieser sogenannten „Beleihung des Dritten“ könnte kurzfristig die Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe mbH (DBE) in Peine beauftragt werden. Beim Bund verbliebe dann die Aufsicht.

Durch ein starkes Engagement der EVU’s bei dem solchermaßen beliehenen Dritten könnte die Rolle der DBE weiter gestärkt werden.

5.2 Betreiberzuständigkeit für F&E

Bei der Erläuterung meines vierten Vorschlages „Erarbeitung einer TSPA“ führte ich u.a. aus, dass eine solche Langzeitsicherheitsanalyse auch der Steuerung der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten sowie der Optimierung des Endlagersystems dient. Wenn der Betreiber für die Erarbeitung der TSPA zuständig ist, ergibt sich für ihn automatisch die Verantwortung für meinen achten Vorschlag:

Der neu definierte Betreiber ist zuständig für die Ermittlung, Definition und Steuerung der zugehörigen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten.

Dieser Vorschlag bedeutet selbstverständlich nicht, dass der Betreiber diese F&E-Arbeiten im eigenen Hause durchführen soll. Er muß sie jedoch bedarfsorientiert an seinen Projekten definieren, steuern und finanzieren. Auch hier können wir im internationalen Vergleich von unseren europäischen Nachbarn viel lernen. Berichte von Nagra, SKB, Posiva und Andra bestimmen maßgebend den internationalen Stand von Wissenschaft und Technik bei der Endlagerung. Daß nicht nur Forschungszentren oder Industrieunternehmen, sondern auch Universitäten und Hochschulen erfolgreich in die entsprechenden Programme eingebunden werden können, zeigen 52 Dissertationen, die im Rahmen des französischen Endlagerprogramms bisher angefertigt wurden. Die Stiftungsprofessur, welche die kerntechnische Industrie dankenswerter Weise an meiner alma mater, der Technischen Universität Clausthal, eingerichtet hat, wird hoffentlich in diesem Sinne erfolgreich arbeiten können.

5.3 Genehmigungsbehörde

In allen Ländern, die sich mit der Endlagerung radioaktiver Abfälle in tiefen geologischen Formationen befassen, wurde von Anfang an ein intensiver wissenschaftlicher Austausch und Dialog zwischen dem Betreiber und der zuständigen Genehmigungsbehörde aufgenommen. Er wurde und wird kontinuierlich weitergeführt, was einmal zu einem gegenseitigen Ver- ständnis führt, zum anderen aber auch unabdingbar für den Fortschritt der nationalen Projekte ist. Beispiele für dieses Wechselspiel zwischen Betreiber und Genehmigungsbehörde sind:

−  Finnland:

−  Schweden:

−  Schweiz:

−  Frankreich:

−  USA:

Posiva und STUK SKB und SKI / SSI Nagra und HSK Andra und ASN DOE und NRC / EPA

In Deutschland gibt es einen solchen Dialog nicht. Ursache dafür ist unsere rechtliche Lage. Aus ihr ergibt sich, dass bei uns – im Gegensatz zu allen eben zitierten Ländern – keine Genehmigungsbehörde für die Endlagerung radioaktiver Abfälle auf Bundesebene vorhanden ist. Alle Genehmigungsverfahren für kerntechnische Einrichtungen werden in Deutschland von den zuständigen Länderministerien durchgeführt. Bei der Endlagerung führt das zu der kuriosen Situation, dass der Antragsteller Bund sich sein Projekt von einem Länderministerium genehmigen lassen muß. Dieses wiederum kann aber erst tätig werden, wenn ein Genehmi- gungsantrag für ein konkretes Projekt vorliegt. Das Vorfeld ist also nicht abgedeckt.

Zur Beendigung dieser misslichen Situation wäre mein neunter Vorschlag:

Die Zuständigkeit für die Genehmigung von Endlagern für radioaktive Abfälle ist auf Bundesebene einzurichten.

Dieser Vorschlag ist keine Kritik an den bisherigen Arbeiten und Bemühungen unserer Länderministerien – insbesondere der in Niedersachsen. Im internationalen Vergleich – und darauf kommt es mir hier an – ist der bisherige Zustand aber verbesserungsfähig. Unterstützt wird dieser Vorschlag durch die Tatsache, dass die Bundesrepublik Deutschland einer der Hauptpromoter und einer der ersten Zeichner des internationalen „Gemeinsamen Übereinkommens über die sichere Behandlung abgebrannter Brennelemente und die sichere Behandlung radioaktiver Abfälle“ war.

6. Zusammenfassung

In Deutschland ist die Endlagerung radioaktiver Abfälle von Anfang an ein Thema gewesen, das stark von der politischen, insbesondere von der parteipolitischen Diskussion beeinflusst wurde. Diese Situation liegt nicht zuletzt darin begründet, dass der Bund gesetzlich dafür verantwortlich ist, Anlagen zur Sicherstellung und zur Endlagerung radioaktiver Abfälle zu er- richten und zu betreiben. Nach dem Regierungswechsel 1998 ist der parteipolitische Einfluß auf dieses technisch-wissenschaftliche Gebiet besonders groß geworden. Die dadurch eingeleitete Entwicklung hat wesentlich dazu beigetragen, dass Deutschland in den letzten Jahren den Kontakt zur internationalen Spitzengruppe bei der Endlagerung eindeutig verloren hat.

Was soll ich zum Schluß sagen? Bisher haben wir sehr viel Manpower und noch mehr Geld nicht so zielgerichtet eingesetzt und genutzt, daß mögliche Resultate auch erzielt worden wären. Parteipolitische, ideologische und emotional geführte Diskussionen haben nicht weitergeholfen. Realität ist: radioaktive Abfälle sind vorhanden und müssen sicher endgelagert werden – möglichst bald. Für uns alle wünschenswert ist eine Versachlichung der politischen und öffentlichen Diskussion, damit alle Kräfte gebündelt werden können, um eine sachbezogene, zielgerichtete Arbeit beginnen zu können. Ich hoffe und wünsche mir für unser Land, daß die vorhandenen Möglichkeiten in Zukunft genutzt werden. Der neue Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD titelt „Gemeinsam für Deutschland – mit Mut und Menschlichkeit“. Das wäre eine gute Basis.

 

*) Die KTG würdigt mit der Ehrenmitgliedschaft Kühns jahrzehntelanges und überaus großes Engagement für die Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Endlagerung sowohl innerhalb als auch außerhalb der deutschen Grenzen sowie seine Funktionen in der KTG, zu deren Gründungsmitgliedern der Wissenschaftler gehört. In seinem Festvortrag machte Kühn gleichzeitig Vorschläge, wie Deutschland seiner Auffassung nach das verlorene Terrain in diesem Bereich wieder wettmachen könnte.