Wenn Wissenschaft unglaubwürdig wird

 Von Michael Guillen
(Originaltitel: Has Science Lost Its Way?)

Es gab viele leidenschaftliche politische Reden am sogenannten Marsch für die Wissenschaft am Sonnabend. (Anm.: 22. April 2017 in Washington und weiteren Städten; Thema: Klimapolitik der Trump-Regierung). Bedauerlicherweise hörte ich nichts von den tatsächlich ernsten Problemen, die die Wissenschaft heutzutage plagen.
Die einzige und zugleich größte Bedrohung für die Wissenschaft kommt heute aus ihren eigenen Reihen. Im vergangenen Jahr veröffentlichte Nature, das renommierte internationale Wissenschafts-Journal eine Studie, die enthüllte: „Mehr als 70% der Forscher haben die Experimente anderer Wissenschaftler wiederholt und konnten deren Resultate nicht reproduzieren. Und über die Hälfte konnten nicht einmal ihre eigenen Ergebnisse reproduzieren.“

Das Reproduzieren von Experimenten ist für die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft das Gleiche wie die Bestätigung finanzieller Aussagen für die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens. Die geradezu astronomisch hohe Fehlerquote bei den Versuchen, Forschungsergebnisse zu bestätigen, die in hoch respektierten, von Gutachtern unterstützten („peer-reviewed“) Fachzeitschriften veröffentlicht worden sind, legt es nahe, das etwas sehr falsch daran ist, wie Wissenschaft praktiziert wird. Zweiundfünfzig Prozent von den 1.576 der für diese Studie überprüften Forscher bezeichneten das als „eine bedeutende Krise.“

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Die seltsame Liebe der Politiker zum Elektroauto

Wie es anfing
Die Geschichte des Elektroautos ist so alt wie das Auto selbst. Direkt nachdem man erkannt hatte, dass ein Vehikel mit einem von Pferden unabhängigen Antrieb ein faszinierendes Straßentransportmittel ist, begann der Wettstreit um die beste Antriebstechnik. Benzinmotoren, Dampfmaschinen und Elektromotoren wurden eingesetzt.
1881 präsentierte der Franzose Gustave Trouvè auf einer Messe in Paris ein dreirädriges Fahrzeug mit Elektromotor und – Blei-Akkumulator. Es gilt heute als das erste Elektroauto. Immerhin waren das 81 Jahre nach der Erfindung der elektrischen Batterie durch den Italiener Allessandro Volta. Trouvès Exponat war der Start für zahlreiche weitere Entwicklungen; beispielsweise das erste vierrädrige Elektroauto, der „Flocken“ von dem Coburger Fabrikanten Andreas Flocken oder der erste Porsche,  ein „Egger-Lohner C2“ mit einem 5 PS E-Motor. Erst 1886 entwickelte Gottlieb Daimler den ersten Benz-Patent-Motorwagen, der mit einem Verbrennungsmotor angetrieben wurde.
Auch das Dampfauto spielte in dieser Anfangszeit des Automobils eine bedeutende Rolle, was wohl vor allem am mächtigen Drehmoment lag, das Dampfmaschinen aufweisen und was ein zügiges Fahren ermöglichte.
Anfang des 20. Jahrhunderts gab es in den USA einen Anteil an dampfbetriebenen Fahrzeugen von 40%, der Anteil der Elektroautos lag mit 34.000 Exemplaren bei 38% und die Benziner hatten 22%. Alle diese Konstruktionen litten unter Nachteilen. Das Drehmoment der Dampfmaschine war zwar ein auf kürzerer Strecke unschlagbarer Vorteil; leider aber war der Wasserverbrauch sehr hoch und das häufige Nachtanken war doch ein erheblicher Nachteil. Auch das Aufheizen des Dampfkessels bis zum Erreichen des nötigen Drucks kostete Zeit. Das elektrisch angetriebene Auto litt unter einer zu schwachen Batterie und damit zu geringer Reichweite;  Überlandfahrten waren nicht möglich.  Sein Einsatz erfolgte deshalb ausschließlich in der Stadt. Genau wie noch heute.

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Tschernobyl Reaktorhavarie Eine Nachlese

Als Sachverständiger im Fach Radioagronomie wurde ich im neu geschaffenen Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit unter Minister Walter Wallmann im Mai 1986 beauftragt, die Auswirkung der durch die Reaktorhavarie freigesetzten Radioaktivität auf Boden, Pflanze und Nahrungskette zu beurteilen. Die Bewertung basierte auf Meßdaten der Luftüberwachung und der vor Ort gemessenen Aktivität und Isotopenanalyse, ca. 1 Woche nach dem GAU (Größter anzunehmender Unfall).

Der havarierte Reaktor Block 4, 1984 in Betrieb genommen, ist ein RBMK-Reaktor, ein Hochleistungs-Siedewasser-Druckröhrenreaktor, wassergekühlt und graphitmoderiert, eine Weiterentwicklung der Serie aus den1950-er Jahren. Sie werden zur Stromerzeugung und für militärische Zwecke (Plutoniumerzeugung) genutzt. Sie haben keine druckfeste und gasdichte Hülle und entsprechen nicht den Sicherheitsbestimmungen internationaler Standards kerntechnischer Anlagen.

Am 25.04.1986, gegen 1.00 Uhr kam es infolge von unvorhersehbaren Verkettungen durch menschliche Fehlentscheidungen und technische Probleme zu einem GAU in dem sowjetischen Kernreaktor Block 4 in Tschernobyl. Dieser ereignete sich während eines Testbetriebs, bei dem geprüft werden sollte, ob bei einem Stromausfall und der damit verbundenen Abschaltung des Reaktors die mechanische Energie der Turbinenrotoren bis zum Anlaufen der dieselbetriebenen Notstromaggregate übergangsweise zur Strombereitstellung für den Steuerbetrieb des Reaktors ausreicht. Menschliche Bedienungsfehler und Unkenntnis der im kritischen Bereich agierenden Betriebsmanschaft führten zu dieser Katastrophe. Bereits 1985 wurde dieser Test bei Block 3 durchgeführt und durch das Abfallen der Spannung am Generator abgebrochen. Dieser Test sollte bei Block 4 im April 1986 wiederholt werden, der jedoch mit verheerenden Folgen in einem GAU endete. Vermutungen, dass bei diesem Eingriff vorrangig militärische Optionen im Vordergrund standen, kann weitgehend ausgeschlossen werden. Ein Außerkraftsetzen von Notabschaltungsmaßnahmen ist eigentlich nur im damaligen Machtbereich der Sowjetunion möglich gewesen und zeigt die Manipulationsmöglichkeit in kerntechnischen Bereichen. Deswegen ist es unverhandelbar, nach eigenem Ermessen Sicherheitsstandards festzulegen, die nicht international akzeptiert werden können. Die IAEA (Internationale Atomenergiebehörde) in Wien hat Richtlinien erarbeitet, die für alle Betreiber kerntechnischer Anlagen verbindlich sind. Die Auffassung, dass durch menschliche Fehlbedienung der katastrophale Unfall ausgelöst wurde, wird nicht angezweifelt und damit begründet, dass durch das zu späte und schnelle Einfahren der Abschalt-und Regelstäbe der unkontrollierbare Leistungszuwachs ausgelöst wurde.

Wieviel radioaktives Material in den Reaktortrümmern verblieb, kann nur näherungsweise geschätzt werden und ist mit rund 190 Tonnen Kernbrennstoff zu veranschlagen. Die gasförmigen radioaktiven Spaltprodukte (Krypton und Xenon), leichtflüchtiges Jod und Cäsium wurden größtenteils in die Atmoshäre freigesetzt und wurden entsprechend den meteorologischen Verhältnissen weiträumig verbreitet. Erst Tage später meldeten norwegische Luftüberwachungseinrichtungen einen unerklärbaren Anstieg der o.a. Radioisotope. Warum diese Meldung erst so spät in die Öffentlichkeit gelangte, ist besorgniserregend, denn die amerikanischen Aufklärungssatelliten hatten das Szenario von Anfang an dokumentiert. Diese Nachricht schlug ein wie eine Bombe. Das aus dem Stegreif entstandene Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit unter Leitung eines Nichtfachmanns Walter Wallmann war auf eine deartige Herausforderung nicht vorbereitet. Es kam daher zu Kompetenzproblemen zwischen BMU und Innenministerium, geleitet von Minister Friedrich Zimmermann. Auch er war kein Fachmann dieser Problematik und versuchte unter dem Druck der damals sich etablierenden Antiatomkraftbewegung Gefahren und mögliche Schäden durch überstürzte Maßnahmen abzuwenden. Meine Aufgabe war es, die durch radioaktiven Niederschlag und Immisionen entstandene Kontamination auf Pflanzen, Boden und Nahrungskette zu bewerten. Bereits in den 50-er Jahren wurde diese Thematik ausführlich behandelt und aufgrund der Erfahrungen aus den beiden Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki ausführlich dokumentiert, so dass eine Abschätzung der Strahlenbelastung ohne große wissenschaftliche und technische Untersuchung möglich war. Die Beaufschlagung mit Cäsium war zwar deutlich erhöht, dennoch bestand bei den sehr niedrig vorgegebenen Grenzwerten, weit unter einer möglichen gesundheitlichen Beeinträchtigung, keine akute Gesundheitsgefährdung. Pilze und Wildtiere im Süden Deutschlands waren davon am stärksten betroffen, jedoch würde erst bei täglichem Verzehr in kg-Mengen der Strahlendosisgrenzwert überschritten. Die natürliche Strahlenexposition in Deutschland, insbesondere in ehemals vulkanischen Gebieten, Mineralwasser aus Tiefengestein, Bims als Baustoff, Langstreckenflüge und vieles mehr haben größere Strahlenwirkung als die als„belastet“ deklarierten Lebensmittel, die damals im großen Stil vernichtet wurden.

Die Notstandsgesetzgebung war der Rahmen aller wissenschaftlicher Untersuchungen und enthielt auch alle Anweisungen zum Verhalten staatlicher Organe. Durch eigenmächtiges und inkompetentes Verhalten der beiden Ministerien kam es zu einer völligen Verunsicherung nachgeschalteter Dienststellen und der Bevölkerung, die bis in die heutige Zeit wirkt und Grund für eine überzogene skeptische Haltung bezüglich wissenschaftlicher Berichterstattung ist.

Die gesundheitlichen Folgen der Tschernobyl-Reaktorhavarie wurden und werden auch heute kontrovers diskutiert und bewertet. Bei 134 Personen der Betriebsmanschaft und Liquidatoren wurde eine akute Strahlenerkrankung diagnostiziert, an der 28 verstarben. In der Bevölkerung der kontaminierten Gebiete konnte dennoch eine Erhöhung der Leukämie-, Schilddrüsen- und Brustkrebsrate nicht statistisch gesichert nachgewiesen werden. Auch andere Erkrankungen, konnten nicht eindeutig auf eine Strahlenexposition zurückgeführt werden. Das liegt möglicherweise auch daran, dass die Gesundheitsvorsorge und die Lebensbedingungen sich durch intensive medizinische Betreuung nach dem Unfall erheblich verbessert haben. Die 28 Todesfälle sind darauf zurückzuführen, dass für die sofort eingesetzte Notmannschaft und später eingesetzten Liquidatoren während ihres Einsatzes unzureichende Schutzmaßnahmen getroffen wurden. Bei der Reaktorhavarie durch den Tsunami in Fukushima hingegen, wurde das Reaktorgelände rechtzeitig verlassen und nach Rückgang der Wassermassen unter hohen Schutzmaßnahmen mit Sanierungsarbeiten begonnen ohne dass ein Todesfall aktenkundig wurde.