Seit dem Jahre 2000 existiert das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Das Gesetz garantiert Erzeugern von Strom aus erneuerbaren Energien die vorrangige Einspeisung und Abnahme des Stroms sowie eine Garantievergütung über einen Zeitraum von 20 Jahren. Bisher wurde das Gesetz viermal geändert, was zweifellos Rückschlüsse auf die Gesetzesqualität zulässt. Die Kritik an dem Gesetz und seinen Folgen reißt nicht ab.
Die nunmehr beschlossene fünfte Novelle, die auch eine Absenkung der EEG-Umlage im kommenden Jahr vorsieht, soll nach Angaben von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ein „klares Zukunftssignal für mehr Klimaschutz“ sein. Noch „vor dem Jahr 2050“ soll schließlich der gesamte in der Bundesrepublik verbrauchte und produzierte Strom klimaneutral sein. PV Magazin sieht in Altmaier’s Erklärung „eine unverantwortliche Täuschung der Öffentlichkeit“.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat sich „enttäuscht“ über die geplante Neufassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) geäußert. Der Referentenentwurf greife „eindeutig zu kurz“, heißt es in der Stellungnahme des Wirtschaftsverbandes. Der DIHT lehnt die Novelle ab. Nach seiner Vorstellung sollten erneuerbare Energien, die seit 20 Jahren subventioniert werden, jetzt endlich „rasch in den Wettbewerb überführt werden.“
Erinnert sei an die überaus klaren Worte, die ein ehemaliger Abteilungsleiter im Bundeswirtschaftsministerium fand, der trotz seiner maßgeblichen Funktion im Regierungsapparat die Fehlentwicklung nicht aufhalten konnte. Er schrieb bereits in der Wirtschaftswoche vom 16.09.2013: „Das EEG ist die gigantischste Subventionsmaschine der Nachkriegszeit. 80 Millionen Deutsche subventionieren seit 20 Jahren und für die nächsten 20 Jahre rund ein Prozent der Bevölkerung (gemeint sind die Investoren)….Wir erzeugen negative Strompreise und bezahlen für Strom, der nicht erzeugt wird. Wollen wir dieses System solange betreiben, bis es explodiert, oder ziehen wir die Notbremse? Das EEG braucht eine Rosskur.“
Die Rosskur bleibt weiterhin aus. Die Novelle gleicht eher dem Drehen einiger Stellschrauben:
Positiv zu bewerten
Bislang steigt die Höhe der EEG-Umlage mit abnehmendem Börsenstrompreis. Das führt zu einer ungerechten Belastung von Haushalten mit niedrigem Einkommen. Deshalb wurde in diesem Jahr bereits über die Finanzierung der EEG-Umlage aus Steuermitteln entschieden. Im Bundeshaushalt sind im Rahmen des Konjunkturpakets 11 Milliarden Euro für die teilweise Finanzierung der EEG-Umlage vorgesehen. Damit soll die Umlage im Jahr 2021 auf 6,5 Cent und im Jahr 2022 auf 6 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt werden.
Die Vergütungsaussetzung bei negativen Strompreisen wird von bislang 15 Minuten auf eine Stunde hochgesetzt. Allerdings gilt diese Neuregelung nicht für Anlagen in der gesetzlichen Förderung, sondern nur für Anlagen oberhalb der Ausschreibungsschwellenwerte.
Negativ zu bewerten
Das Ausbleiben einer marktwirtschaftlichen Regelung der nur auf Strom ausgerichteten Energiewende. Der Vorrang des Ökostroms bleibt unverändert bestehen, mit zunehmender Belastung der konventionellen Stromversorgung.
In Anbetracht zunehmender Schwierigkeiten der Netzregelung bei weiterem Ausbau der volatilen Stromerzeugung sind der Ausbau der Windenergie von heute 54 auf 71 Gigawatt im Jahr 2030 und die Anhebung der Photovoltaikleistung von 52 auf 100 Gigawatt mit nicht unerheblichen Risiken für die Netzstabilität verbunden. Der Ausbau basiert auf einen Strombedarf in 2030 von 580 Terawattstunden. Dieser Wert entspricht dem heutigen Bedarf und dürfte daher für zu niedrig angesetzt sein.
Die geplante Neu-Einführung von zusätzlichen Vergütungen von Windkraftanlagen in bestimmten Landesteilen sowie die Wiedereinführung von Vergütungen für „weniger windstarke“ (also ungeeignete) Standorte widerspricht dem Ziel eines kosteneffizienten Ausbaus und ebenso dem Grundgedanken des Ausschreibungsmodells.
Die Absichtserklärung: „dass Natur- und Artenschutzrecht die ambitionierten Ausbauziele für erneuerbare Energien widerspiegeln“ müsse, klingt angesichts der durch Windräder verursachten Schäden an Flugtieren wie Hohn. Mit dieser Formulierung wird einer Beugung des Naturschutzrechts zugunsten bestimmter Projekte weiter Vorschub geleistet.
Die finanzielle Beteiligung von Kommunen und Bürgern am Ausbau der Windenergie, eine Forderung der EU, ist kritisch zu sehen. Angesichts zunehmender Proteste gegen den weiteren Ausbau soll die Zustimmung erkauft werden. Schon jetzt ist die Stimmung unter den Bürgern von Aufstellungsgebieten für Windenergieanlagen gespalten. Das finanzielle Ködern wird den sozialen Unfrieden verstärken. Im Kern sind es Bestechungsgelder.
Generelle Kritik
…übte „Capital“ am 22.9.2020. Das Magazin titulierte die Energiewende einen „Schildbürgerstreich“. „Es muss ein glückliches Land sein, dass es sich leisten kann, neue Kraftwerke gar nicht erst ans Stromnetz gehen zu lassen, neuwertige Kraftwerke stillzulegen und die eigene Rohstoffversorgung aktiv zu verschlechtern. […] Während sich die allermeisten Länder der Welt derartige Kraftwerke nur wünschen können, betreibt die Bundesregierung Weltklimarettung auf Kosten der ohnehin bereits arg strapazierten Steuerzahler und Energieverbraucher, sprich jedermann! Obendrein sind die Beiträge Deutschlands zum weltweiten Treibhausgasausstoß derart bescheiden, dass die gesamte sogenannte Energiewende mittlerweile als kolossaler Schildbürgerstreich angesehen werden kann.“
Die EEG-Novelle sei ein „klares Zukunftssignal für mehr Klimaschutz“ (Peter Altmaier). Schon vor Jahren hatte sich Joachim Weimann [1] mit der Frage auseinandergesetzt, was man mit dem „Kraftakt“ der Energiewende erreichen will und ob das EEG für die angestrebten Ziele das richtige Instrument sei. Weimann erachtet zwar die Klimapolitik als „sinnvolles Ziel“, sieht aber in dem EEG, mit dem die Energiewende vollzogen werden soll, kein geeignetes Instrument für den Klimaschutz.
Nach seiner Ansicht habe „gute Klimapolitik“ drei Aufgaben zu erfüllen: „Sie führt dazu, dass CO2 kosteneffizient vermieden wird, sie setzt die richtigen Anreize und Signale für Investitionen in Forschung und Entwicklung, weil mit der vorhandenen Technik die angestrebten Ziele nicht erreicht werden können, und sie hilft dabei, eine internationale Lösung voranzubringen, weil nur dann eine wirksame Klimapolitik gelingen kann.“
Die Förderung der Erneuerbaren mit den Mittel des EEG diene keinem dieser Ziele. Wörtlich: „Faktisch handelt es sich um einen staatlich verordneten Zwang, bestimmte Technologien zur Einsparung von CO2 einzusetzen. Die Kosten, die bei der Verwendung dieser Technologien entstehen, werden dabei nicht einmal ansatzweise berücksichtigt. Kosteneffizienz ist damit a priori ausgeschlossen. […] Das EEG ist ein Beispiel für zu teure und hochgradig ineffiziente Klimapolitik. Als solche ist es in keiner Weise geeignet, internationale Lösungen voranzubringen. Im Gegenteil: Indem es die Kosten für den Klimaschutz in die Höhe treibt, verringert es den Spielraum für mehr Klimaschutz innerhalb der EU und macht Klimaschutz für Entwicklungs- und Schwellenländer noch weniger attraktiv, als er schon ist.“
Nach Schätzungen des Beratungsunternehmens DICE Consult [2] müssen für die Energiewende einschließlich der Netzausbaukosten für den Zeitraum 2000 bis 2025 rund 520 Milliarden Euro aufgebracht werden. Allein die Umlagen nach dem EEG belaufen sich jährlich auf über 30 Milliarden Euro, die von den Stromverbrauchern zu tragen sind.
[1] Joachim Weimann, „Rettet die Energiewende? Warum eigentlich?“, ZBW-Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft, Wirtschaftsdienst 2013/11, S. 793 ff, (Prof. Dr. Weimann lehrte zum Zeitpunkt der Veröffentlichung Wirtschaftspolitik an der Otto-von-Guericke Universität in Magdeburg)