Fehlanreize der “grünen” EE-Förderung

Der Netz- und Speicherausbau wurde vor dem Erneuerbaren Energie (EE)-Ausbau im Hinblick auf den geplanten dominanten Anteil der Erneuerbaren von Anfang an sträflich missachtet. In umgekehrter Weise wäre „ein Schuh“ daraus geworden. Von Beginn der Energiewende an dominierte nicht der Netzausbau, sondern der durch das „Erneuerbare Energiegesetz“ (EEG) geförderte Anlagenbau. So verursacht die Energiepolitik horrende Kosten, deren Ende noch immer nicht abzusehen ist.

In der Vergangenheit speisten etwa 300 fossile Kraftwerke in die Hoch- und Höchstspannungs-Übertragungsnetze ein, von welchen der Strom dann in die Verteilnetze heruntertransformiert wurde. Die vorliegende Netzstruktur war auf diese Abläufe optimiert. Mit der Installation von über zehn Millionen PV- sowie Windkraft-Anlagen, die zu großen Teilen in das Verteilernetz einspeisen, war die vorhandene Struktur überfordert. Der mit der Energiewende notwendige Ausbau der Energieinfrastruktur beschränkt sich ja nicht nur auf das Verlegen von Kabel, sondern erfordert auch entsprechende Schaltanlagen, Umspannwerke und Trafos in der Stromverteilung. Um Jahre hinkt der Netzausbau hinterher.

Die fehlende Kapazität der Energiespeicherung erweist sich bis dato als Achillesferse der Energiewende.

Der von der Bundesregierung geforderte weitere Ausbau an Solar- und Windenergie hat inzwischen dazu geführt, dass deren Stromerzeugung zeitweise und immer öfter die Nachfrage übersteigt. Netzbetreiber müssen den Überschuss verklappen. Dies gelingt oftmals nur, indem sie für die Verklappung des überschüssigen Stroms noch Geld dazuzahlen.

Solche „negativen Strompreise“ häufen sich mit jedem weiteren Ausbau der Windenergie- und Solaranlagen. Insbesondere mit dem stark wachsenden Anteil von Solarstrom fallen an sonnigen Tagen die Preise auf dem Strommarkt drastisch. Mit dem Verkauf des Photovoltaikstroms lässt sich in diesen Phasen kein Geld verdienen. Bereits im vergangenen Jahr mussten die Netzbetreiber an 301 Stunden des Jahres auf jeglichen Verkaufserlös verzichten und sogar noch Geld für die Entsorgung dazu zahlen. In diesem Jahr wurde der Rekordwert von 2023 bereits im Juli gebrochen.

Die staatliche Förderung für Erneuerbare Energien in Deutschland wird in diesem Jahr voraussichtlich einen neuen Höchststand erreichen. Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) prognostiziert eine Belastung des sogenannten EEG-Kontos in Höhe von insgesamt 23 Milliarden Euro bis Jahresende, berichtete die “Bild”-Zeitung. Auf diesem Konto werden die Einzahlungen und Auszahlungen aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verbucht. Weil diese Einnahmen aber niedriger sind als die Vergütungen für die Anlagenbetreiber, die Ausgaben also die Einnahmen übersteigen, gab es bis 2023 die sogenannte EEG-Umlage. Sie finanzierte die Differenz zwischen Ausgaben und Einnahmen und somit den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Mittlerweile werden die Kosten aus dem Bundeshaushalt übernommen. Der Staat muss den Betreibern den garantierten Festpreis für jede Kilowattstunde Strom überweisen. Die Differenz zu den festgelegten Vergütungen für Ökostromproduzenten müsse entsprechend höher ausgeglichen werden.

Die Ampel-Koalition plant, dass Solaranlagen-Kapazität bis Ende des Jahrzehnts insgesamt 215 Gigawatt (GW) beträgt – mehr als doppelt so viel wie aktuell. Die Ausbau-Pläne der Regierung für das Jahr 2030 sind unbezahlbar und gefährden die Stromversorgungssicherheit, nicht zuletzt, weil die Überlandleitungen noch fehlen und keine ausreichende Energiespeicherung zur Verfügung steht.

Das politische Kredo zu Beginn der Energiewende, die Stromerzeugung muss preisgünstig, zuverlässig und umweltverträglich sein, ist ins Gegenteil mutiert.  Dazu Professor Hans-Werner Sinn, langjähriger Präsident des Ifo-Instituts, in Tichys Einblick 09/24:

„Kohlekraftwerke müssen am Netz gehalten werden, um den schwankenden Strom aus erneuerbaren Energien auszugleichen. Wir bezahlen den grünen Strom zweimal, zum einen über die grünen Anlagen, zum anderen über die konventionellen Anlagen, ohne die sich der flatterhafte grüne Strom gar nicht verwerten lässt. Deutschland hat mit diesen Doppelstrukturen einen besonders teuren Weg gewählt, und das wissen die Firmen und suchen das Weite, besonders in der Chemieindustrie.“

Klartext spricht auch Andre Thess, Professor für Energie-Speichertechnik in Stuttgart, im Interview mit Tichys Einblick 08/24:

„Das deutsche Energiesystem ist teuer und ineffizient, weil es an staatlicher Überregulierung leidet. Um es preiswerter, sicherer und umweltfreundlicher zu machen, plädiere ich ganz allgemein dafür, den staatlichen Einfluss zurückzudrängen. Dazu müsste konkret als Erstes das EEG abgeschafft werden. Das EEG passt zum CO2-Zertifikatehandel ungefähr wie der Gürtel zum Hosenträger. Mein Kollege Hanns-Werner Sinn hat mehrfach und umfassend dargelegt: Der mit den EEG-Milliarden finanzierte Ausbau von Solar- und Windenergieanlagen in Deutschland erspart der Erdatmosphäre keine einzige Tonne CO2.“

Die häufig zu lesende Medienmeldung, der Anteil des Ökostroms würde bereits über 50% des Strombedarfs decken, ist insofern irreführend, da stets zeitgleich konventionelle Kraftwerke mitlaufen müssen, um die unvermeidbaren Schwankungen des Windenergie- und Solarstromes auszugleichen.

Am Beispiel der Stromerzeugung in Deutschland im Juli 2024 lässt sich diese Aussage verdeutlichen (Grafik).

Die Grafik zeigt mit der oben rot begrenzten hellgrünen Fläche die gesamte installierte Leistung aller Solar- und Windenergieanlagen von rund 160 Gigawatt (GW). Unten (blaue Fläche) sieht man die Leistung der Windenergieanlagen, darüber gestapelt (gelbe Spitzen) die Leistungen der Solaranlagen. Die genauen Anteile der installierten Leistungen sind der Tabelle zu entnehmen. Der Stromanteil im Juli 2024 aus diesen beiden „grünen“ Erzeugern ist in der letzten Zeile der Tabelle angegeben. Danach kommen die Solaranlagen auf 9.463 GWh (17,3%) und die Windenergieanlagen auf 7.430 GWh (13,6%). Trotz des sonnenreichen Monats Juli war ein Stromerzeugungsanteil der konventionellen Kraftwerke – zum Ausgleich der „grünen“ Schwankungen –  von fast 70% erforderlich.

Zwar liegen die Solarspitzen synchron mit den Verbrauchsspitzen am Mittag (max. 65 GW), aber darum herum tun sich viele unterschiedlich große Lücken auf. Es gibt aber nur wenige Momente, in denen mit Wind- und Sonnenstrom der gesamte Verbrauch gedeckt werden konnte: Zum Beispiel war das über Mittag am 5. 6. und 7. Juli der Fall.

Zum Schluss ein Hinweis, der zu denken geben sollte:

Im Zeitraum von Januar bis April 2024 hat Deutschland nach Angaben von Rolf Schuster/Vernunftkraft netto 5.000 GWh exportiert und 9.200 GWh importiert. Dieser Importstrom bestand dabei zu zwei Dritteln ausgerechnet aus französischem Kernenergiestrom. (Dazu eine Anmerkung: Import und Export von Strom werden von Stromverfügbarkeit und Strompreise bestimmt.)